Ständegesellschaft und soziale Mobilität

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Ständegesellschaft und soziale Mobilität
Wirtschaftliche Entwicklung und Machtwechsel des Landes standen in enger Wechselwirkung mit den gesellschaftlichen Veränderungen. Der teilweise auch schon früher einsetzende Verfall der geschlossenen autonomen Gemeinschaften beschleunigte sich durch unterschiedliche und auch entgegengesetzt wirkende Faktoren. In der Konsolidierungsphase der Apafi-Herrschaft vollzog sich ein endogen bedingter Prozeß sozialen Strukturwandels. Die ursprünglich nach ihrem ständischen Status differenzierten gesellschaftlichen Gruppen – Magnaten, Komitatsadel, städtisches Bürgertum, sächsische Nationsuniversität und Szekler Stühle – bildeten zusammen mit den Bauern die drei großen Schichten des unteren, mittleren und des oberen Standes. In den anderthalb Jahrzehnten der Habsburgerherrschaft wurde diese Entwicklung unterbrochen, was zu anarchischen Verhältnissen und Aufständen führte, so daß schon 1702/03 alle Gesellschaftsschichten von Fürst Rákóczi den inneren Frieden des Landes erwarteten. Seine Maßnahmen zum gesellschaftlichen Interessenausgleich während des achtjährigen Freiheitskrieges förderten jenen langfristigen Umschichtungsprozeß von neuem.
Die größte Schicht des unteren Standes bildeten die Fronbauern. Sie erhielt ständig Zuwachs von denen, die die traditionellen geschlossenen Gemeinschaften verließen, wie von den vor dem moldauischen und walachischen Elend nach Siebenbürgen geflohenen Rumänen. Folglich hatte sie keinen einheitlichen Charakter. So unterschiedlich die Lage der sächsischen Bauern und der ungarischen Dorfbewohner war, ebenso unterschieden sich der erbuntertänige Szekler vom rumänischen Gebirgshirten und der früher angesiedelte vom neuangekommenen Rumänen in ihren Verhältnissen. Der ständige Arbeitskräftemangel und seine Ursache, die neue Wirtschaftsprosperität, eröffnete ihnen Möglichkeiten in zwei Richtungen, die zugleich heftige soziale Spannungen auslösten. Die Grundherren wollten möglichst viele Fronbauern an sich binden. Seit den 1660er Jahren waren die Bauern in den 390Gutswirtschaften der Gutsherren im allgemeinen wieder zu zeitlich unbefristeten Frondiensten verpflichtet. Die nicht an die Scholle, sondern auch an die Person des Grundherrn gebundenen Bauern konnten samt Familien ungehindert von einem Gut auf das andere versetzt werden, wie es die Wirtschaft verlangte, und die unbeschränkte Fronpflicht für den gutsherrlichen Warenhandel mit seinen Fuhrdiensten sowie für die gutsherrliche Warenproduktion auf dem Lande verlangten sehr verschiedene Arbeitsleistungen von ihnen. Andererseits wies der siebenbürgische Historiker Zsigmond Jakó nach, daß die Arbeiter in den Papiermühlen vieles lernten und ihren Horizont erweiterten. Eine Aufstellung der Eisenhammer des Komitats Hunyad wiederum zeigt, daß die hier dienenden Arbeiter aus den Gutswirtschaften keine jährliche Ruhezeit hatten. Dennoch waren die Verhältnisse auf den Kameralgütern noch relativ günstig. Die Apafi-Regierung schützte die Bauern vor der Gutsverwalter-, Grundherren- und Soldatenwillkür, obwohl ein institutionell auf Regierungsebene verbürgtes Beschwerderecht der Bauern erst vom Rákóczi-Staat geschaffen wurde. Den Interessenschutz der Bauern sicherten die Gemeindeorganisationen, das Gewohnheitsrecht, die Dorfgesetze und nicht zuletzt die Kirchen. Auch gab es Grundherren, die Spitäler und Armenhäuser höchst bescheidener Art für ihre alten und kranken Bauern errichteten.
Die zweite große, noch heterogenere Schicht des unteren Standes bestand aus der reichen Bauernschaft, den gewerbe- oder handeltreibenden und unternehmerisch tätigen Häuslern, Fuhrleuten, Ochsentreibern und Tagelöhnern. Am leichtesten konnte man aus dieser Schicht auf verschiedenen Wegen in den Mittelstand aufsteigen und den Adelsbrief erwerben: durch Waffendienst, durch Kapital, Kredite oder durch Verdienste. Begabte Bauernsöhne machten nach der Schule ihre Karriere als Gussbeamte oder studierten nach mehrjähriger Lehrertätigkeit im Ausland weiter, um als Geistliche oder Hochschullehrer zurückzukehren.
Den mittleren Stand bildete eine lockere Schichtung heterogener Gruppen: Militär, Bürgertum, Kleinadel.
Das Fürstentum schuf seine Streitmacht teils aus besoldeten Soldaten und teils durch Gewährung staatlicher Zuwendungen in Form freier Bodennutzung und anderer Privilegien. Seit langem strebte die Zentralgewalt danach, die geschlossenen und autonomen Soldatengemeinschaften der Szekler ihr direkt, d. h. der Leitung des Fürsten zu unterstellen. Wir verfügen über zwei wichtige Konskriptionen der archaischen Szeklergesellschaft (aus den Jahren 1614 und 1720), deren Verfall wechselweise gefördert und gebremst wurde. Ein Vergleich der Daten zeigt, daß die Szeklergemeinschaft in nach Beruf und Status differenzierte Gruppen zerfiel und diese sich wiederum gesondert in die Gesamtgesellschaft integrierten. Diesen gruppenweisen Integrierungsprozeß hat Apafi durch Aufnahme vieler Szeklersoldaten in seine Leibgarde beschleunigt, während andere den Burgmannschaften zugeteilt wurden. An die Spitze der Szekler Stühle stellte er Ober-Königsrichter aus der Schar seiner Anhänger: sie führten die Fuß- und Reitertruppen. Von den außerhalb des Militärs verbliebenen Szeklern gingen viele gruppenweise zu Transportarbeiten in die Salzgruben, während andere als Freie wirtschafteten oder eventuell ihr Brot als Fuhrleute verdienten. Die Mitglieder der mit Vermögen und Privilegien ausgestatteten Oberschicht innerhalb der Szeklergesellschaft, aus denen auch die Oberbeamten der Szekler Stühle, die Ober-Königsrichter 391hervorgingen, die sog. „lófők“ (Primipilen), verloren immer mehr ihre Ländereien, zumeist an außenstehende, nicht zu den Szeklern gehörende Besitzer, doch bewahrten die Szeklerdörfer zäh ihre innere Ordnung und Autonomie.
Die markanteste Gruppe des mittleren Standes bildeten die Empfänger neuer Adelsbriefe. Apafi honorierte Militär-, Beamten- und Wirtschaftsdienste gern mit Adelsbriefen; die Zahl der so Ausgezeichneten nahm in nur einem Vierteljahrhundert derart zu, daß ein Zeitgenosse die halbe Bevölkerung als adlig bezeichnete. In Siebenbürgen gab es keinen vermögenden Mitteladel, so daß sich den neuen Besitzern von Adelsbriefen und den Kleinadligen vielfältige Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs eröffneten. Die wirtschaftstreibenden Gruppen solcher Adliger verglich der die Steuerlisten erstellende Kammerbeamte 1703 mit den freien Bauern in „Deutschland und Schlesien“.
Unter der Habsburgerregierung gelangte der mittlere Stand in die Gefahr, zum abhängigen Bauern abzusinken. Die sozial gesehen schlimmsten Verluste erlitt jedoch das Bürgertum. Die Jahre 1660–1690 waren eine Periode ruhigen Wachstums des Bürgertums und des Zerfalls der geschlossenen städtischen Wirtschaft. Am auffälligsten war die Entwicklungstendenz bei sächsischen Städten. Unwiderstehliche Kräfte durchbrachen die Schranken der autonomen Stadtwirtschaft. Die neuen Unternehmer Hermannstadts und Kronstadts, Kaufleute und Industrielle, unterstützten nun schon persönlich, durch Finanzhilfen, Kredite und Beteiligung an staatlichen Unternehmungen die Einbindung der Stadt in die gesamte Volkswirtschaft. Innerhalb der traditionellen Gruppen der Bürgerschaft behauptete sich das materielle Übergewicht der Goldschmiede ungebrochen, während sich in anderen Gewerbezweigen Vermögen und Ansehen auf eine Schicht konzentrierten und die Zahl der Armen zunahm. Im allmählich wieder aufgebauten Weißenburg vervielfachten sich die Fuhrleute und Goldwäscher, anderswo wuchs die Zahl der Zimmerer, Maurer, Seiler, Zinngießer, Uhrmacher, Müller und Barbiere. Thorenburg und Desch wurden zu Adelsstädten erklärt, in Klausenburg, das nach dem Fall von Wardein zum Zentrum der Grenzereinheiten und Sitz des militärischen Oberkommandos des Fürstentums geworden war, siedelten sich unter den Bürgern Adlige an. Nun erstarkten die Szeklerstädte wie z.B. Szeklerburg und vor allem Neumarkt, der Schauplatz des letzten Landtages, auf dem die drei siebenbürgischen Nationen den gewählten Fürsten mit den Würde- und Herrschaftsinsignien gemäß der Krönungszeremonie der ungarischen Könige in seine Herrschaft einsetzten. Charakteristisch für die Lebensweise der bürgerlichen Mittelschicht ist das aus der ersten Jahrhunderthälfte hinübergerettete und weiterentwickelte anspruchsvolle Heim, schon mit „Badekammer“ und Bücherschrank. Der auf dem Weg von Wien nach Petersburg beim Klausenburger Zimmermeister Ferenc Szakál logierende dänische Gesandte äußerte sich sehr zufrieden und anerkennend über das anspruchsvolle Quartier.
Die reiche und vornehme Schicht der Bürger stand durch die Hermannstädter Ratsherren Matthias Miles oder Johann Pater mit dem oberen Stand in enger Verbindung. Viele erschöpften sich in den Konkurrenzkämpfen, andere überlebten die politischen Auseinandersetzungen nicht.
Der obere Stand im tatsächlichen Besitz der politischen Macht setzte sich gleichfalls aus verschiedenen Gruppen zusammen. Die Reihen der alten 392Magnatenfamilien wurden in den Kämpfen 1657-1662 erschüttert und dezimiert, in den folgenden Jahren jedoch durch die erste Generation neuer, emporstrebender Familien aufgefüllt. So war Mihály Teleki der Sohn eines Burgvogtes, der durch sein Talent zum ersten Staatsmann des siebenbürgisehen Fürstentums emporstieg und zum reichsten Grundherrn des Landes wurde; der fürstliche Rat und Oberpostmeister László Székely war der Sohn eines Gutsverwalters, und der Prothonotarius Márton Sárpataki stammte von Bauern ab. Der Landbesitz der hochadligen Familien entsprach den Besitzgrößen des mittleren Adels im königlichen Ungarn, er umfaßte 10 bis 30 Dörfer. Mehrheitlich gehörten sie der reformierten Konfession an, der Rest war katholisch, doch bedeutete die konfessionelle Zugehörigkeit noch kein Hindernis für eine Beamtenlaufbahn. Die Mitglieder der katholischen Familie Haller – János, Gábor und Pál – saßen im Fürstenrat und waren als Diplomaten tätig, und der früh verwaiste katholische Sohn des Königsrichters István Apor aus Szekler Neumarkt begann als verarmter Jüngling seine politische Karriere, die ihn zu einem der ersten Aristokraten des Landes machte. Der Hochadel stand vielen in bisher unbekanntem Ausmaß offen; Schulbildung, Begabung, Vermögen, wirtschaftliche Mobilität oder staatliche Verdienste konnten den Aufstieg bewirken, doch drohte jedem auch ein schneller Abstieg; die Zeiten unter Apafi waren stürmisch. Dénes Bánffy starb unter dem Henkerbeil, weil er die Forderungen der Zentralmacht nicht mehr begriff; mehrere lernten als Teilnehmer der Konspiration Pál Béldis die Kerker Apafis kennen. Dennoch sind die Ergebnisse der Epoche nicht zuletzt den politischen Fähigkeiten dieses janusköpfigen Hochadels zu verdanken.
Sein Familienleben war intensiv und ausgeglichen. Gern ließ man die Kinder auf ausländischen Universitäten studieren. Für sein dringliches Bedürfnis, aufzuholen, ist es bezeichnend, daß nach den deutschen Fürstentümern nunmehr Holland neuer Maßstab wird, und nach einer Phase ausgeprägter französischer Orientierung das Interesse an England zunahm. Der Sohn von Kanzler János Bethlen besuchte das Inselreich rein zufällig, sein Enkel aber brach schon zu einer langen Studienreise über den Kanal auf. Der Hochadel lebte in steigendem Wohlstand ein gebildetes und an Brauchtum reiches Leben. Die schon in älteren Zeiten gehobene Lebensführung wird nun differenzierter. Vom wachsenden Luxus zeugen die Kristallglasfenster der Schlösser und die vom Flur aus oder kaminbeheizten, geräumigen Säle, die sog. „Palasthäuser“. Von der Begegnung zweier Welten künden die mit türkischen Teppichen und venezianischen Lüstern, holländischen sowie französischen Tapisserien behängten Wände, die orientalischen Tuche und Jagdwaffen, die Uhr, das Spinett und die Gold und Silber auf den Tischen ablösenden Glas- und Porzellangefäße. Die Wirtschaftsabrechnungen zeugen von peinlicher Sparsamkeit, der halbe Sack Walnüsse wird mit derselben Sorgfalt notiert wie die teuren silberverzierten Pferdegeschirre. Reichlich vorhandener Schmuck ersetzt die fehlende Bank, er verkörpert die ersparten Güter. Die freigebigen kirchlichen Stiftungen des Hochadels dienen nicht nur der Rettung seiner Seelen, sondern auch seines Vermögens, sie garantieren die Kreditbereitschaft der Kirchen sowie seine Überzeugung von der zukunftsformenden Kraft der Bildung.
In der ersten Etablierungsphase der Habsburger genossen die meisten Magnaten ganz berauscht das Angebot innerhalb der Kaiserstadt und rissen sich um die Grafen- und Baronentitel, mit denen der Kaiser und ungarische 393König Leopold sie zu Hofadligen zu domestizieren gedachte. 1703 begab sich beinahe die gesamte siebenbürgische Aristokratie auf Befehl des kaiserlichen Generals Rabutin nach Hermannstadt; erst als er ihnen ihre Wertgegenstände nahm (Geld, Schmuck, Lebensmittel, alles, was sie hineingerettet hatten) und sie die ihr gestellte Falle erkannte, lief ein Teil – auch das Risiko einer Flucht auf sich nehmend – zu Rákóczi über. Nach dem Abkommen von Sathmar war aber mit Ausnahme des jungen Kelemen Mikes fast niemand mehr zur Emigration zu bewegen.

 

 

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