Sächsische und ungarische Städte

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Sächsische und ungarische Städte
Das alte Ungarn hatte ein dürftiges Netz von relativ kleinen Städten besessen. Siebenbürgen im geographisch engeren Sinne besaß im Gegensatz dazu Städte genug: Neben den Siedlungszentren der Sachsen (Kronstadt, Hermannstadt, Mediasch, Schäßburg, Broos und Bistritz) besaßen auch Klausenburg, Desch, Thorenburg, Neumarkt und Weißenburg Stadt-Privilegien. Das Partium stand dem ungarischen Durchschnitt schon näher: Zwei seiner Siedlungszentren, Wardein und Debreczin, waren keine Städte im vollen rechtlichen Sinn, und Frauenbach genoß die Rechte einer Bergstadt.
Mit den Behinderungen im Westhandel und der Ausschaltung der Konkurrenz der übrigen Städte Ungarns (Kaschau, Ofen und Pest) wuchs das wirtschaftliche Gewicht des sächsischen Bürgertums ganz von selbst, zumal sich seine früher bloß lokal praktizierte Selbstverwaltung durch die Union der „drei Nationen“ zu einem der ständisch-politischen Grundpfeiler des neuen Staates entwickelte.
Die Mehrheit der Siebenbürger Sachsen waren zwar damals noch Bauern, ihre führende Schicht bildete jedoch eindeutig das Stadtbürgertum. Der sächsischen „Nationsuniversität“ standen noch immer der Königsrichter und der Bürgermeister von Hermannstadt (in einer Person der Sachsengraf) vor, die ebenso wie die Vorstände der übrigen Stühle und Städte als Patrizier in ihre Ämter gewählt wurden. Die städtischen Zünfte kontrollierten auch die dörflichen Handwerker. Das Handelsmonopol lag in der Hand der Städte, die allein das Marktrecht besaßen. Die gesellschaftliche Elite ging aus den großen Kaufmannsfamilien (Haller, Rapolt, Armbruster, Offner, Lulay usw.) hervor, soziale Unzufriedenheit war nur selten festzustellen (z.B. in den Tagen des ungarnfeindlichen Aufstandes von 1556 in Hermannstadt).
Allen voran waren die sächsischen Handwerker im Rahmen der Zünfte darum bemüht, den Platz ihrer ungarischen Konkurrenz einzunehmen. Mitte des 16. Jahhunderts waren in Kronstadt bereits 19 Zünfte registriert, und Hermannstadt verfügte über 28 Zünfte in 30 Gewerbezweigen. In Kronstadt war seit den 1570er Jahren die erste Tuchmanufaktur Südosteuropas in Betrieb.
273Auch in dieser Periode der politischen Unsicherheit wuchsen und verschönerten sich die Städte der Siebenbürger Sachsen. Die früheren Holzhäuser wurden in raschen Tempo von stattlichen Steingebäuden abgelöst. Die sächsischen Goldschmiede versahen die anspruchsvolleren Haushalte mit ihren prächtigen Meisterwerken. Die kriegerische Episode hat sicherlich das Ihre dazu beigetragen, denn solche Schätze ließen sich leichter verbergen und damit retten. Dennoch nahm die Bevölkerung der sächsischen Städte kaum zu; Kronstadt hatte am Ende des 16. Jahrhunderts auch nur 8–9000 Einwohner gegenüber den früheren 7000, Hermannstadt zählte gerade 6000, und die übrigen stagnierten bei 2–3000. Ein Grund dafür ist zweifellos darin zu erkennen, daß die traditionelle Abgeschlossenheit der Siebenbürger Sachsen weiter fortbestand.
Ungarische Handwerker und Kaufleute wurden durch das Zuzugsverbot ferngehalten. Familienbeziehungen bestanden zum Deutschtum in Ungarn und den deutschen Reichsländern. Ihre ursprüngliche ständische Denkweise wurde gerade in den Jahren um Mohács mit neuem politischen Inhalt aufgeladen und äußerte sich nicht nur in ihrer Sympathie mit der Sache der Habsburger, sondern auch in der zahlenmäßigen Selbstbeschränkung des Bürgertums auf freiwilliger Basis. Ausschlaggebender war freilich die Tatsache, daß sich das relativ dichte Städtenetz Siebenbürgens auf ein nur schwach besiedeltes und wirtschaftlich zurückgebliebenes Hinterland stützen konnte. Das durch die Trennung verursachte Vakuum füllte das örtliche Handwerk zwar bald auf, dann aber machten sich sämtliche Folgen der wirtschaftlichen Isolierung vom Westen bemerkbar: der mit den hohen Preisen verbundene Geldmangel sowie die Schwächung der traditionellen sächsischen Handelsbeziehungen mit den Märkten der Moldau und der Walachei. Der anfängliche Aufschwung wurde dadurch sehr bald abgebrochen.
Wachsende Sorgen bereiteten darüber hinaus neue Konkurrenten in Gestalt der aus dem Türkischen Reich kommenden griechischen, türkischen, armenischen, mazedorumänischen und südslawischen Händler (der Raizen). Gegen ihre billigen, für den lokalen Gebrauch bestimmten Produkte bot das Stapelrecht kaum Schutz, zumal diese „Fremdlinge“ häufig die vorgeschriebenen Transportwege vermieden. Mit ihrem Erscheinen können die Zollangaben von Karansebesch in Verbindung gebracht werden.
Eine weitere Konkurrenz stellten die nichtsächsischen Bürger des Landes dar. Zwar besaßen die ungarischen Städte (Desch, Thorenburg, Neumarkt, Weißenburg) auch kein Stapelrecht und lagen fern von den Haupthandelswegen. Dagegen erhielt das sich allmählich aus einer deutschen in eine ungarische Stadt verwandelnde Klausenburg bei der Entstehung des neuen Staates eine Schlüsselposition als Ausgangspunkt beider von Siebenbürgen nach Westen führenden Handelswege (nach Kaschau bzw. Wardein). Die damit sich bietenden Möglichkeiten wurden von den Kaufleuten der Stadt auch genützt, und ihren wachsenden Gewinn verdankten sie – motiviert gerade durch ihre antisächsischen Gefühle – ihrer ausdrücklichen Parteinahme für die Szapolyais. Königin Isabella erneuerte 1558 das ihnen 1437 entzogene Stapelrecht. Die für die Sachsen so unangenehmen balkanischen Konkurrenten waren für Klausenburg ein Gewinn: Ihre unter Umgehung der Märkte von Hermannstadt und Kronstadt nach Siebenbürgen gebrachten Waren fanden auf dem lebhaften Klausenburger Markt ihre besten Abnehmer. 274Die immer wieder von den Sachsen erzwungenen Landtagsbeschlüsse von 1556, 1560, 1571, 1591, die den Zweck verfolgten, die Tätigkeit der armenischen, griechischen u. a. Kaufleute gesetzlich zu regeln, konnten schon deshalb nicht durchgesetzt werden, weil die übrigen Städte mit entgegengesetzten Interessen ihre Mitwirkung verweigerten.
Klausenburgs Bevölkerung (9–10 000) hatte am Ende des 16. Jahrhunderts die größte sächsische Stadt, Kronstadt, überflügelt. Hier war die Bautätigkeit vielleicht noch intensiver als bei den Sachsen, am Ende des Jahrhunderts zierten die Stadt eine ganze Reihe wahrer kleiner Paläste (der schönste erhalten gebliebene ist das sog. Wolphard-Kakas-Haus). Als Vorbild oder geradezu Lehrstück diente die wiederholte fürstliche Bautätigkeit im nahen Appesdorf und in Julmarkt, ja Stephan Báthory ließ sein für Klausenburg geplantes Universitätsgebäude von italienischen Architekten entwerfen. Ebenso wie das sächsische Bürgertum übernahm man hier für Einrichtung und Gebrauchsgegenstände den Renaissancestil, womit zugleich auch die Bequemlichkeit in die Wohnungen einzog. Dieser Aufschwung hielt zudem bis zum Jahrhundertende an. In Ermangelung ähnlich günstiger Voraussetzungen fand Klausenburgs bemerkenswerter Aufschwung wenig Nachahmung. Von den annähernd vergleichbaren zwei bedeutendsten Städten war Wardein ursprünglich Bischofsstadt und wurde erst nach 1556 fürstliche Civitas, Debreczin dagegen blieb immer ein Oppidum, eine Landstadt im Besitz von Grundherren mit begrenzter Selbstverwaltung.
Wardein war ein traditionelles Zentrum im Gebiet jenseits der Theiß und wichtige Station auf der Strecke Wien-Klausenburg. Seit den 1540er Jahren bis 1591 wurde die Stadt noch dazu mit gewaltigen Befestigungsanlagen ausgestattet. Über Zahlen verfügen wir zwar nicht, doch galt die Stadt als erheblich reich, und aus dem türkisch gewordenen Pest waren viele Bürger hierher umgesiedelt.
Für Debreczins sprunghafte Entwicklung gibt es nur unzulängliche Erklärungen. Diese Siedlung an einem geographisch absolut unwichtigen Platz, in der nicht einmal besonders fruchtbaren Großen Ungarischen Tiefebene, zählte bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts über 1300 besteuerte Hufen, was auf eine Bevölkerung von ungefähr 20 000 schließen läßt. Weder in Siebenbürgen noch im königlichen Ungarn gab es eine einzige Stadt, die sich der Größe nach mit Debreczin messen konnte!
In den Komitaten der Tiefebene befand sich keine einzige königliche Stadt. Deshalb sammelten sich hier in den Grundherrndörfern mit Marktrecht sehr rasch Untertanen aus der Umgebung, die sich im Handwerk und Handel versuchten. Solche Siedlungen mit beschränkter Selbstverwaltung wurden Landstädte oder Markflecken („oppida“) genannt.
Die tüchtigen Bauernbürger dieser Marktflecken richteten ihre Aufmerksamkeit auf die geschäftlichen Möglichkeiten, die ihnen das Mastrind und später auch der Wein boten. Da der Adel die Beschäftigung mit Waren und Geld noch verachtete und die Bürger der „echten“ (königlichen) Städte kein Interesse an Berufe verschwendeten, die als bäuerlich angesehen wurden, blieben Rindermast und Weinbau mit dem dazugehörigen Handel vorwiegend in der Hand der „cívis“ genannten Agrarbürger. Debreczin dehnte seine Gemarkung ins Riesenhafte aus und wurde dank seiner in der Hortobágy gehaltenen Rinder zur wirtschaftlichen Großmacht. Seine Handelsbeziehungen reichten bis Krakau, Wien, Brünn, Breslau und Nürnberg.
275Die Beteiligung bäuerlicher Untertanen an dem europaweiten Handel mit Agrarprodukten ist eine einzigartige Erscheinung. Das polnische Getreide, das andere wichtige Exportgut des östlichen Europas, wurde von den adligen Allodien (Eigenwirtschaften, Meierhöfen) produziert, die ihren Arbeitskräftebedarf durch maßlose Steigerung der Fronarbeit deckten. Dadurch festigte der Adel seine Herrschaft auf Jahrhunderte und bewirkte eine lang anhaltende gesellschaftliche Stagnation. Der wirtschaftliche Aufschwung der ungarischen Landstädte ließ hingegen die Hoffnung aufkommen, hier werde die adlige von einer bäuerlichen Warenproduktion in den Landstädten abgelöst. Der feudale Grundbesitz wurde eindeutig dadurch geschädigt, daß die verwüsteten oder verödeten Hufen verarmter Untertanen (manchmal die gesamte Gemarkung verlassener Dörfer) von den Agrarbürgern der Landstädte in Pacht genommen wurden und die Grundherren dafür keine feudalen Abgaben mehr erhielten.
Die Ende der 1520er Jahre erfolgte Teilung des Landes machte die Große Ungarische Tiefebene mit ihren reichen Marktflecken zum Randgebiet der türkisch-ungarischen militärischen Auseinandersetzungen. Nach dem Fall von Ofen 1541 wurde dieses Gebiet politisch aufgeteilt und dadurch als Region zerstückelt. Die pausenlosen Kämpfe entlang der neuen Grenzen, die unaufhörlichen Streifzüge auch in Friedenszeiten gefährdeten die Kontinuität des Wirtschaftsprozesses außerordentlich. Die im Grenzbereich des Türkischen Reiches entstandene Doppelbesteuerung stellte eine drückende Last dar, verschiedenenorts noch gesteigert durch den siebenbürgisch-habsburgischen Gegensatz. Debreczin, das wirtschaftliche Zentrum jenseits der Theiß, zahlte von 1567 an – über seine Dienstleistungen für den Grundherrn hinaus – gleichzeitig Steuern an Weißenburg (3200 Gulden jährlich), Istambul (2000 Gulden) und Preßburg (1000 Gulden).
Dennoch war die wirtschaftliche Konjunktur der Marktflecken noch ungebrochen. In dem zwischen Siebenbürgen und den Türken eingeklemmten Komitat Békés erlebten bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts drei Oppida (Gyula, Simánd, Békés) eine zweifellose Blütezeit: Die „cívis“ lösten das Neuntel und häufig die Fronarbeit mit Geld ab, letztere blieb aber immer weit hinter dem im Gesetz von 1514 festgelegten einem Tag pro Woche zurück, die Einnahmen der Grundherren – in erster Linie aus den Pferde- und Rinderherden der „cívis“ – betrugen mehrere tausend Gulden. Trotz der Nähe zum Kriegsschauplatz nahm das Gebiet nach wie vor am Rinderexport nach dem Westen teil, und rund ein Drittel seiner Bevölkerung betätigte sich auch in einem Handwerk.
Wir verfügen zwar kaum über ausführliche Angaben aus den eigentlichen Oppida Siebenbürgens, doch gibt es keinen Grund zu der Annahme, ihre Situation habe sich anders gestaltet. Allerdings ist in dieser bis zum letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts andauernden Blütezeit der Landstädte auch keine ausschließlich wirtschaftliche Erscheinung zu sehen. Der anhaltende Kriegszustand, die mehrfache Besteuerung und die wachsende Willkür der um die Rettung ihrer Wirtschaft bemühten Grundherren trieben die Untertanen aus ihren Dörfern. Zum ersten Ziel ihrer Flucht wurden die größere Sicherheit versprechenden Ortschaften, also die Marktflecken. Andererseits wiederum begannen gerade aus diesen die Wohlhabenderen, die Flucht zu ergreifen. Die Bürger von Szegedin siedelten sich z.B. nach 1552 in Tyrnau, Kaschau und Debreczin an.
276Dieser Prozeß einer tiefgreifenden sozialen Umschichtung hatte für Siebenbürgen recht schwerwiegende Auswirkungen. Die größere Entfernung von den westlichen Märkten, die im Vergleich zur Tiefebene kleineren Weideflächen, die gegenüber dem „Tokajer“ qualitativ unterlegenen Weine, die relative Rückständigkeit und nicht zuletzt das dichte Netz sächsischer Städte verhinderten von vornherein, daß die bäuerliche Warenproduktion an Bedeutung gewann. Die seltenen Versuche, diese Wirtschaftshindernisse zu überwinden, wurden in erster Linie von den Sachsen blockiert, die zu diesem Zweck ihre Vorrechte in der Organisation der drei Nationen ausspielten. Zu Beginn der 1520er Jahre erreichte beispielsweise Kronstadt in jahrelangen Prozessen die Aufhebung des Marktrechtes des naheliegenden St. Georgen. Nur besonders günstige Möglichkeiten verhalfen zu einem Aufschwung. Thorenburg und Desch lagen in der Nähe reicher Salzgruben und vermochten deshalb die Rechte eines Oppidum zu erkämpfen, ja zählten in der Fürstenzeit sogar als Städte. Aber dazu kam es auch nur, weil sie die ganze Zeit über im Besitz des Königs bzw. der Landesherren verblieben. Eine weitere Quasi-Landstadt und der wichtigste Marktort im nicht-sächsischen Siebenbürgen, Neumarkt, war das wirtschaftliche Zentrum der „Szeklernation“.
Die zunehmend isolierte Lage der Landstädte in der Tiefebene mit der damit zusammenhängenden, zunehmenden Fluchtbewegung der „cívis“ lief darauf hinaus, daß der neue Staat im Moment seiner Geburt die sozioökonomisch vielleicht entwicklungsfähigste Schicht der Bevölkerung einbüßte. Die Möglichkeit einer auf agrarischer Warenproduktion begründeten, besonderen ungarischen Stadtentwicklung blieb ungenützt. König Johann I. hatte noch mit den „cívis“ als einer bedeutenden Wirtschaftskraft rechnen können. Er erhob deshalb Lippa zur königlichen Freistadt (1529), besiedelte Ofen und Kaschau anstelle der geflohenen deutschen Bürger mit ungarischen Bauernbürgern (1529, 1538) und stellte das 1514 aufgehobene Recht der Freizügigkeit der Untertanen wieder her (1530 1536). Wahrscheinlich hatte er dafür auch materielle und geistige Unterstützung erhalten. Seine Nachfolger befaßten sich aber nicht mehr mit den „cívis“-Angelegenheiten. Die Freizügigkeit hörte fast unmerklich auf; Debreczin war mit seiner bemerkenswerten Entwicklung ein Einzelfall. Die Größe der Debreczin an Bevölkerungszahl und wirtschaftlichem Gewicht nachfolgenden Marktflecken blieb sehr gering: Trestendorf hatte 1569 319 besteuerte Familien, Kraszna 281 – also betrug die Zahl ihrer Bevölkerung höchstens 4000 Menschen.

 

 

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