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Der kristalline Untergrund des Ruster Hügelzuges tritt im Gemeindegebiet nirgends zum Vorschein. Der ihn überlagernde Ruster Schotter mit einer Mächtigkeit von zum Teil über 100m besteht aus fossilleeren, feinen und groben Kristallinsanden und Schottern, die teils fluviatilen Transport, teils marine Aufarbeitung erkennen lassen, jedoch kaum einheitlichen Alters sein dürften. Das Kristallin war seit dem Ende der alpidischen Gebirgsbildung bis zum oberen Mitteltorton Festland; der Großteil der Schottermassen dürfte ins Helvet zu stellen sein, untertortone Schuttzufuhr auf fluviatilem Wege ist auch in Erwägung zu ziehen. Die Nordhälfte des Gemeindegebietes wird vorwiegend aus Gesteinen des Mitteltortons, die Südhälfte von Ruster Schottern aufgebaut, die Grenze bildet der „Ruster Bruch”, eine zum Eisenstädter Bruchsystem gehörende Störungslinie. Pannon tritt im Gemeindegebiet nicht zutage; infolge des jüngeren Ruster Bruchs erscheint das ältere NS-gerichtete Fertő-Bruchsystem, das die Grenze des Ruster Hügelzuges gegen die Wanne des Neusiedlersees zu bildet, weit gegen den See zu hinausgeschoben, welchem Umstand Rust seine in den See vorspringende Lage verdankt. An den Hauptlinien des Fertő-Bruches steigen im See Tiefenwässer empor, die zur Speisung desselben dienen, deren geringe Menge aber nicht verhindern kann, daß der Wasserspiegel des Sees stark schwankt und es im Laufe seiner Geschichte immer wieder zur vorübergehenden völligen Austrockung kam.
Spuren menschlicher Siedlung fanden sich in der Ruster Gemarkung seit der Jungsteinzeit; während die frühbronzezeitliche Wieselburger Kultur in weniger, die Hallstattzeit in mehr Funden dokumentiert wird, die Keltenzeit nur in einem Grabfund nachzuweisen ist, hinterließ die Römerzeit an vielen Stellen der Gemarkung ihre Merkmale (Münzen, Geschirrfragmente, Plastik- und Inschrifttafelfragmente, Kleinfunde; ein größeres Gräberfeld lag außerhalb unseres Kartenausschnittes); aus dem Mittelalter liegen die Funde einiger awarischer Gräber vor; eine direkte Beziehung der mittelalterlichen Dorfgründung zu diesen menschlichen Vorgängersiedlungen kann aber nicht hergestellt werden (1).
(1) Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes II: Der Verwaltungsbezirk Eisenstadt und die Freistädte Eisenstadt und R. (Eisenstadt 1963) S. 459 f. (Geologie: A. TAUBER, Archäologie und Frühgeschichte: A. J. OHRENBERGER).
Die Ruster Altstadt weist innerhalb der zum Teil heute noch erhaltenen Ummauerung ein durch mehrere Straßenzüge und Plätze gegliedertes Siedlungsbild auf, das zu verschiedenen Interpretationen seiner Entstehung geführt hat: Ulbrich (2) sieht Rusts Siedlungsform als „Übergangsform von der Kolonialsiedlung vor der Türkenzeit in die städtische Siedlungsform”; ein durch zwei Randzeilen gebildeter Breitanger sei durch eine Querzeile im Osten und mehrere Einbauten im Westen zu einem Rechteckplatz umgestaltet, später aber stark verbaut worden, sodaß nur mehr ein längsförmiger Dreiecksplatz frei geblieben sei, weshalb die Gefahr der Einordnung Rusts in die Dreiecksangergruppe sehr groß sei. Während auch Aull (3) und Csatkai-Frey (4) diese Ansicht mehr oder minder ausdrücklich teilen, hat sich nach dem 2. Weltkrieg, basierend auf den Forschungen von Ratz (5), eine neue Sicht der Ruster Siedlungsentwicklung durchgesetzt, die seither von Schmeller (6), der Allgemeinen Landestopographie des Burgenlandes (7), Krug (8), Schmeller-Kitt (9), Roth-Fuchs (10), in ihren wesentlichen Aspekten auch von Klaar (11) und Berger (12) vertreten wurde. Weil vorliegende Abhandlung in entscheidenden Punkten zu divergierenden Ansichten gelangt, ist es zunächst notwendig, diese heute bereits zum allgemeinen Wissensgut verfestigte Theorie der Ortsentwicklung ausführlich vorzustellen (13): Demnach sei neben einer älteren mittelalterlichen kleinen Ansiedlung um die Fischerkirche (alte Pfarrkirche St. Pankrazi und Ägidi) im Mittelalter (13. Jh.) ein Bauerndorf angelegt worden, das die Baublöcke zwischen der Langen Zeile (heute: Nordseite der Hauptstraße) und Mittergasse (Kirchgassi 1747, heute: Kirchengasse) sowie zwischen Seegasse (heute: Haydngasse) und dem Seeufer (heute: Seezeile) bzw. zwischen beiden unteren Toren umfaßte; zur Zeit der Markterhebung (um 1470) sei der Baublock südlich der Wirtshausgasse (heute: Südseite des Rathausplatzes) angelegt und so ein großer rechteckiger Marktplatz geschaffen worden; der Marktflecken sei 1512–1515 mit einer Ringmauer und zwei Toren befestigt worden; das Obere Tor habe sich neben der damals errichteten Wehranlage des Kirchhofes befunden, das Untere Tor müsse man mit dem heute noch erhaltenen sogenannten Seetor (”Altes Stadttor”) gleichsetzen, die Wehrmauer habe man am Oberen Platz (im Bereich des heutigen Kriegerdenkmalparkes) und zwischen der Langen Zeile und Seegasse bei Straßenarbeiten nach dem 2. Weltkrieg mehrfach angeschnitten. Der Runderker an der Ecke des Oberen Platzes und der Langen Zeile (heute: Haus Gabriel, Hauptstraße 2) sei aus dem Nordwestturm dieser Wehrmauer hervorgegangen; von hier habe die Mauer entlang der Nordfront der gegenüber der Langen Zeile liegenden Häusergruppe (heute: Südzeile der Hauptstraße) bis zum See geführt, ihr Ost- und Südverlauf bis zur Fischerkirche sei mit dem Verlauf der späteren Mauer gleichzusetzen. Nach den ersten Türkenkriegen (1529, 1532), jedoch noch vor 1546, sei eine Verdoppelung der Siedlung durch die Anlage eines neuen Siedlungsblockes nördlich der Altsiedlung, außerhalb der Ringmauer, erfolgt, deren getrennte, einseitige Entstehung vom alten Nordblock sich auch im Namen „Lange Zeile” zeige; zudem sei die Südfront des Oberen Platzes (außerhalb des Oberen Tores) und die Osthälfte des Marktplatzes (gegenüber der Wirtshausgasse) verbaut worden, sodaß der Platz auf die Hälfte verkleinert worden sei; die provisorisch befestigte Siedlungserweiterung habe man 1612–1614 mit einer Ringmauer umfangen, sodaß seither die Tore am oberen und unteren Ende der Langen Zeile die Haupteingänge des Marktes gebildet hätten und stark befestigt worden seien; die neuen Mauern und Rondelle seien zum Unterschied von den mit rechteckigen Schießlöchern versehenen alten mit schlüsselförmigen Schießscharten ausgestattet worden. 1649–1651 habe man anstelle eines Viertellehenhofes die neue evangelische, seit 1673 katholische Pfarrkirche zur Hl. Dreifaltigkeit errichtet, der Rest des Marktplatzes zwischen dem schon im 16. Jh. nachweisbaren Rathaus und dem vor der Dreifaltigkeitskirche liegenden Haus sei erst seit der Mitte des 18. Jh. verbaut worden. Als Ergebnis dieser Bauentwicklung gebe es drei schmale Dreiecksplätze, die nach geringfügigen Verschiebungen der Gassenfronten bis heute bestehen: Der Marktplatz (heute: Rathausplatz) zwischen der Wirtshausgasse und den Hofstätten, der Obere Platz (heute: Conrad-Platz) zwischen Rathaus und Oberem Tor, und die sich an ihrem unteren Ende platzartig erweiternde Mittergasse (heute: Kirchengasse); dazu kam noch der die Mittergasse und Lange Zeile verbindende Fischmarkt (später: Seegasse, heute: Haydngasse). Dieser Ortskern des 16. Jh., der mit seinen rund 70 Höfen bzw. Häusern erst vor wenigen Jahrzehnten geschlossen unter Denkmalschutz gestellt wurde, habe erst 1781–1783 eine Erweiterung erfahren, als man auf dem Anger westlich der Stadt eine Vorstadt angelegt habe, die zunächst die Leinwandbleiche (heute: Franz-Josefs-Platz), Nußgasse (Feldgasse), Oggauer Straße und Kleine Gasse umfaßt habe, wobei es sich bei letztgenannter und bei der Südzeile des Franz-Josefs-Platzes nur um 12 kleine Bauplätze gehandelt habe, während die übrigen 24 große Hofplätze darstellten, von denen aber bis ins 19. Jh. kaum die Hälfte als Bauplätze verwendet worden seien. Zur gleichen Zeit (um 1783) habe man wegen des Baues der neuen evangelischen Kirche neben der Fischerkirche den alten Friedhof auf den Südwestteil des Angers vor der Altstadt verlegt. Gegen Ende des 19. Jh. habe sich die Altstadt besonders im Osten und Westen, weniger im Norden, gar nicht im Südwesten, mit Wirtschaftsobjekten über die Stadtmauer ausgedehnt, das einstige Steinbruchgelände südlich der ehemaligen Leinwandbleiche (heute: Schubertgasse, Kurze Gasse, Mittergasse, Arbeitergasse, Neue Gasse = Dr.-Ratz-Gasse, Windmühlberggasse, Ödenburger Zeile, Weinberggasse) sei damals verbaut worden.
(2) K. ULBRICH, Siedlungsformen des Burgenlandes, in: Bgld. Hbll. 1935, S. 107.
(3) O. AULL, Die Freistadt R. am Neusiedlersee, 1931.
(4) A. CSATKAI u. D. FREY, Die Denkmale des politischen Bezirkes Eisenstadt und der Freien Städte Eisenstadt und R. (ÖKT XXIV, 1932).
(5) A. RATZ, Baugeschichte der Freistadt R. Ungedr. Manuskript.
(6) A. SCHMELLER, Das Burgenland. Seine Kunstschätze, historischen Lebens- und Siedlungsformen, 1965, S. 74.
(7) Allgemeine Landestopographie, S. 495 f.
(8) Österreichisches Städtebuch II: Die Städte des Burgenlandes, 1970, S. 167 f.
(9) A. SCHMELLER-KITT, Burgenland. Die Kunstdenkmäler Österreichs (DEHIO-Handbuch), 1976, S. 258 f.
(10) G. ROTH-FUCHS, Die Befestigungsanlage der Freistadt R., in: Bgld. Hbll. XXXVIII, 1976, S. 33 ff.
(11) A. KLAAR, Baualterplan der Freistadt R. (Bundesdenkmalamt).
(12) M. BERGER, Die Rechte der Freistadt R. im Spiegel ihrer Urkunden. Masch. phil. Diss., 1965. Vgl. jetzt: Die Rechtsquellen der Freistadt R., hg. v. BERGER (FRA III/8, 1983).
(13) Die Wiedergabe lehnt sich an die in der Allg. Landestopographie (Anm. 7) am ausführlichsten formulierte Darstellung an.
Dieser sich hauptsächlich an architektonischen und kunsthistorischen Prinzipien orientierenden Betrachtungsweise der Ruster Siedlungsentwicklung muß bezüglich der Entwicklung bis zur Mitte des 19. Jh., besonders in ihren die ältere Zeit umfassenden Teilen in wesentlichen Punkten widersprochen werden. Grundlage der hier vorgebrachten Thesen ist eine eingehende Analyse des im Ruster Stadtarchiv aufliegenden, bis ins 16. Jh. zurück reichlich vorhandenen Quellenmaterials (14) in Verbindung mit dem Vergleich zu den umliegenden Orten. Eine Untersuchung der Siedlungsentwicklung der Freistadt Rust am See darf an den allgemeinen Geschichtstendenzen der Landschaft nicht vorbeisehen und muß immer die Tatsache berücksichtigen, daß es sich bei dem Ort nicht um eine gegründete Stadt des Mittelalters handelt, sondern um eine im feudalen Verband stehende bäuerliche Dorfsiedlung, die erst im Spätmittelalter zum Markt und im 17. Jh. zur Stadt erhoben wurde, wobei entscheidende Strukturelemente der alten bäuerlichen Verfassung im Stadtbild auch späterhin transparent blieben; eine Außerachtlassung der Prinzipien der feudalen Verfassung muß daher notgedrungen zu unrichtigen Interpretationen führen.
(14) Herangezogen wurden vor allem folgende Bestände: Urkunden u. Privilegien, Ratsakten, Ratsprotokolle und Rapulaturen, Bergbücher, Urbare u. Grundbücher, Zehentbüchl, Kämmerer-, Zechmeister-, Richter- und Kirchenrechnungen, Waisenbücher, Rauchfangkehrerbüchl, Ungeordnete Akten.
Das System der grundherrlich-untertänigen Wechselbeziehung, das sich im deutsch besiedelten westungarischen Raume nach westlichem Vorbild im Hoch- und Spätmittelalter entwickelt hat, zeigt für die meisten Orte am Westufer des Neusiedlersees und am Osthang des Leithagebirges, die eine ähnliche Wirtschaftsstruktur mit stark ausgeprägtem Weinbau, Getreidebau und Wiesenwirtschaft aufweisen, den gleichen Strukturtypus für Hof und Siedlung: Anschließend an den als Langstreckenhof gestalteten Bauernhof, der in eng geschlossenem Zeilenverband steht, dessen Rückseite durch die „Schanze” (einen zuweilen mit Wall und Graben verbundenen dichten Naturzaun aus Gebüsch) abgeschlossen wurde, folgten die Parzellen des zum Hause gehörigen Hofgrundes, „Setzen” genannt. In den Weinbauregionen sind diese Haussetzen ausschließlich als Weingartenriede ausgebildet. Reichten die Haussetzen wegen der besonderen Lage von Siedlungsteilen oder aus anderen Gründen nicht aus, den Weingartenbedarf der Bauernlehen zu decken, konnten darüberhinaus noch andere Riede zu „Hausweingärten” deklariert werden. Besitzer von Hausweingärten konnten daher nur in der Siedlung mit Bauernlehen begabte Ansässige sein, während in den „Überländweingärten” schon im 13. Jh., besonders stark aber seit dem 15. und 16. Jh., der Besitz der „Auswärtigen” eine Rolle spielte, zeitweilig sogar den Besitz der ortsansässigen Bauern an Umfang bei weitem übertraf.
Während über das Alter der Weinkultur in den Haussetzen unterschiedliche Meinungen herrschen – manche Forscher glauben, hiebei handle es sich um erst in späterer Zeit in Weingärten umgewandelte Hausäcker, andere meinen, diese Weinbauriede seien als die ältesten der Siedlungsanlage zu betrachten – besteht darüber kein Zweifel, daß die Struktur der zum Haus gehörigen Hofparzelle mit anschließendem Hausgrund in die Gründungszeit der mittelalterlichen Dörfer zurückgeht. Ein Vergleich des Katasters von Rust mit dem der Marktorte und Dörfer Breitenbrunn, Purbach, St. Georgen, Kleinhöflein und St. Margarethen – um nur einige der Rust benachbarten Orte mit ähnlicher Wirtschaftsstruktur zu nennen zeigt ein weitgehend identisches Bild, das sogar große Ähnlichkeiten der einzelnen Siedlungsgrundrisse aufweist: Die Bauernhöfe (Lehen) gruppieren sich in zwei Hauptzeilen, die einen Breitanger säumen, und eine Querzeile, die diesen Anger auf einer Seite abschließt; der Anger wurde später durch die Einbauten von Hofstätten und Kommunalbauten stark verkleinert. Dieser für viele Orte fast völlig gleichförmige Siedlungsgrundriß läßt für diese Orte eine gleiche Entstehungszeit, unter für alle Orte ähnlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, annehmen; hiefür wird man sich an der frühesten Erwähnung eines der Orte orientieren und den Zufall einer gelegentlich erst sehr späten schriftlichen Nennung eines Ortes außer acht lassen dürfen; somit ergäbe sich für die Gründung des Dorfes Rust etwa die Zeit um 1200, zu der auch der älteste romanische Kirchenbau paßt, dessen Grundmauern mit seiner Apsis archäologische Grabungen nach dem 2. Weltkrieg im Inneren der Fischerkirche entdeckt haben (15).
(15) SCHMELLER-KITT, a. a. O.
Die im Ruster Stadtarchiv in großer, fast alljährlicher Fülle bis zur Mitte des 16. Jh. zurück aufliegenden Bergbücher (Verzeichnisse der Weingärten) lassen die strukturmäßige Zusammengehörigkeit der in den beiden großen Siedlungsblöcken im Norden und Süden der Altstadt liegenden Lehenhöfe mit den an die Hofparzellen anschließenden Hausweingärten in den Rieden Obere und Untere Setzen und in den Rieden Satzen und Greiner mit statistischer Präzision verfolgen. Hieraus ist zu ermitteln, daß die Dorfsiedlung des 12./13. Jh. ursprünglich aus 24 ganzen Bauernlehen bestanden haben muß, von denen eines später als Pfarrhof aufscheint. Diese Lehenhöfe lagen in den Siedlungsblöcken im Norden (Lange Zeile), Osten (Ostseite des Fischmarktes) und Süden (Wirtshausgasse) am Rande der Siedlung; die Parzellengestaltung läßt den ursprünglichen Langstreckenhofcharakter noch deutlich hervortreten; ein Lehen lag westlich der Pankrazi- und Ägidi-Kirche, 1½ Lehen lagen auf dem breiten Anger zwischen dem Nord- und Südblock. Noch im Spätmittelalter kam es durch Erbteilungen zur Halbierung vieler Lehen; 1546 bestanden 9 ganze, 21 halbe und 14 Viertel-Höfe, ein weiteres Halblehen ist auf zwei Besitzer zu 3/8 beziehungsweise 1/8 aufgeteilt; daneben bestanden noch 9 Hofstätten, wovon eine zur Pfarre gehörte (16). Aus den benachbarten Grundherrschaften Forchtenstein und Eisenstadt wissen wir, daß der Siedlungsstand nach der spätmittelalterlichen Wüstungswelle und den Türkenkriegen (1529, 1532) um die Mitte des 16. Jh. fast genau dem im Spätmittelalter erreichten entsprochen hat, eine Siedlungsausweitung ausnahmslos erst in der zweiten Hälfte des 16. Jh. durch die Anlage neuer Hofstätten (Söllnerhäuser ohne zugehörigen Grundbesitz) erfolgt ist (17). Aus diesem Grund ist für Rust, das als untertäniger Marktort der Herrschaft Ungarisch-Altenburg keine von der Umwelt isolierte Entwicklung genommen haben kann, die Annahme einer Siedlungsverdoppelung, noch dazu einer Verdoppelung der Lehenzahl, durch die Neuerrichtung der Langen Zeile außerhalb der erst 1512–1515 errichteten Mauer, zwischen dem Türkenkriegsjahr 1532, das auch den Marktort mit Brand und Plünderung heimsuchte, und noch vor 1546 – in diesem Jahr bestand die Lange Zeile ja bereits – abzulehnen. Dagegen spricht außer der Struktur der Hofparzellen mit anschließenden Haussetzen auch der Umstand, daß die Lehenzahl eines aus dem Mittelalter stammenden, voll ausgebildeten Dorfes, das kurz zuvor den Aufstieg zum Marktort geschafft hatte, nicht im 16. Jh. willkürlich vermehrt werden konnte, da der hiefür erforderliche Hausgrund (Hausweingärten, -äcker, -wiesen, Genußanteile am Gemeindewald usw.) nicht beliebig verfügbar war. Eine Umwidmung von Rieden aus Überländgrund zu Hausgrund hätte angesichts des großen Anteils des Weingartenbesitzes Auswärtiger (vor allem Wiener Neustädter) nicht ohne eine große Zahl von Grundenteignungen vor sich gehen können; hiefür findet sich aber weder in den schriftlichen Quellen eine Nachricht, noch war diese Form des Grundstücksverkehrs in damaliger Zeit überhaupt üblich.
(16) Urbar der Herrschaft Ungarisch-Altenburg aus 1546, Bgld. Landesarchiv, Urbar- u. Bergbüchersammlung A/Ib – 50.
(17) Dies ergibt eine eingehende Analyse der Urbarsdaten der Herrschaften Eisenstadt (1515, 1527, 1569) und Forchtenstein (1498/1500, 1526, 1589).
Aus der unterschiedlichen Gestaltung der Hofparzellen in den einzelnen Siedlungsblöcken lassen sich – mit Vorbehalt – Schlüsse ziehen: Die mit ihrem Rücken seeseitig gelegenen Hofparzellen im Ostblock dürften ursprünglich genausolang wie die anderen gewesen sein, durch Schwankungen des Wasserspiegels und dadurch bedingtes Vordringen des Sees aber verkürzt worden sein; die auf dem Anger liegenden 1½ Lehen waren wahrscheinlich von Beginn an als Viertelhöfe (quartalicia) oder Hofstätten für Handwerker und die zur Versorgung eines Kommunalwesens notwendigen infrastrukturellen Anlagen (Badhaus, Fleischbank, Schmiede usw.) konzipiert (18); darauf verweist auch der Umstand, daß wir in diesem inneren Bereich des Angers im 16. Jh. keine größere Hofeinheit als den Viertelhof mehr vorfinden.
(18) Die Gleichsetzung von mittelalterlichen Hofstätten mit Viertellehen finden wir auch in anderen Orten, z. B. im Markt Lutzmannsburg.
In Analogieschluß zu benachbarten Orten (z. B. Sigleß) (19) darf man annehmen, daß der Teilungsprozeß der Bauernlehen, wie er sich im Urbar von 1546 spiegelt, vor der Mitte des 14. Jh. (der durch die Pest verursachten großen Wüstungswelle) bereits weitgehend abgeschlossen war und der damals erreichte Stand bis zur Mitte des 16. Jh. relativ unverändert beibehalten wurde; dadurch stellt sich die im 16. und 17. Jh. am häufigsten vertretene Hofform, das Halblehen, als die wahrscheinlich schon im 14. Jh. erreichte typische Hofeinheit dar: Der Marktort wurde im 17. Jh. immer zu 48 Häusern oder Höfen gerechnet (nämlich: 48 Halblehen), obwohl es gelegentlich durch Vereinigung von zwei Halblehen zur Bildung von Ganzlehen kommen konnte, weitere Teilungen von Halblehen zu Viertellehen oder kleineren Einheiten sich jedoch nur auf den zugehörigen Grundbesitz, nicht aber auf die Hofparzelle auswirkten. Als dauernde Ganzlehen überstanden nur der Pfarrhof und der am unteren Ende der Langen Zeile neben dem Tor liegende Hof, der im Laufe des 17. Jh. schrittweise in Gemeindebesitz überging, die Teilungen, ansonsten blieb in den Randblöcken der Halblehenhof, am Anger der Viertelhof die Grundeinheit. Außer den Lehenhöfen werden 1546 auch 9 Hofstätten genannt, von denen eine der Pfarre gehört; da späterhin nur 8 Hofstätten vorkommen, andererseits der Pfarrhof als Ganzlehen aufscheint, dürfte es sich bei dieser Hofstatt um die Schule gehandelt haben. Den 8 Hofstätten wird in den Bergbüchern von 1561 bis 1589 der Besitz je eines Achtel-Hausweingartens zugeschrieben. Nach den vorhin angestellten Überlegungen, die eine Siedlungsausweitung vor der zweiten Hälfte des 16. Jh. ausschließen, darf man annehmen, daß diese Hofstätten gleichfalls bereits im Mittelalter entstanden sind; darauf deutet auch der Umstand, daß sie mit dem Hausgrund eines Achtellehens ausgestattet waren, während die in der Neuzeit neu errichteten Hofstätten in der Regel über keinen gebundenen Grundbesitz verfügen. Gegen Ende des 16. Jh. (1580) stieg die Zahl der Ruster Hofstätten auf 11 an, dieser Stand wurde noch 1660 gehalten, bis 1683 wuchs ihre Zahl auf 15 an. Naturgemäß schwankte die Zahl der aus billigeren Materialien erbauten Hofstätten wegen der geringeren Bodengebundenheit ihrer Besitzer (Handwerker) stärker als die der Lehenhöfe. Diese Hofstätten lagen zum Teil im Anschluß an den Siedlungsblock der Viertelhöfe auf der Westseite des Fischmarktes (Seegasse), zum Teil im Block zwischen der Mittergasse und dem Marktplatz, das heißt am Nord- und Ostrand des Marktplatzes.
(19) Vgl. H. PRICKLER, Sigleß während der feudalen Periode (Hochmittelalter – 1848). In: Sigleß. Eine Gemeindegeschichte, 1982, S. 45 f.
Zur Annahme eines bereits im 14. Jh. weitgehend abgeschlossenen Siedlungsausbaues scheinbar im Gegensatz steht die Tatsache, daß schriftliche Nachrichten über das Gemeinwesen erst seit 1317 vorliegen (20); dies darf jedoch nicht verwundern, da ja nur Rechtsangelegenheiten und Strittigkeiten Anlaß für einen schriftlichen Niederschlag in dieser frühen Zeit bildeten; lagen solche nicht vor, scheint der Ort in den Urkunden eben nicht auf. Ab 1317 gelangte Rust (der Ort wird in älterer Zeit in der übersetzten ungarischen Namensform Ceel = Szil, Ulme, Rustenbaum erwähnt.) durch königliche Schenkungen schrittweise in den Besitz der Familie Héderváry, die ihren Stammsitz in der Kleinen Schütt hatte; 1393 wurden die Grafen von St. Georgen-Bösing Teilgrundherren, 1434 brachten sie den Ort zur Gänze an sich und schlossen ihn in der Folge ihrer Grundherrschaft Ungarisch-Altenburg an. Trotz seiner Entlegenheit bildete Rust einen wertvollen Teil dieser Grundherrschaft, die Wertschätzung des hier erzeugten Weines verhalf dem Dorf zu besonderen Handelsprivilegien, zur Markterhebung und einer deutlich von den anderen Orten der Herrschaft abgehobenen privilegierten Stellung, die schrittweise zu immer größerer Unabhängigkeit ausgebaut wurde. 1472 wird Rust erstmals als „oppidum” (Marktflecken) bezeichnet, von 1479 stammt die Nachricht von der Befreiung des Ruster Weinfernhandels vom Dreißigst, dem königlichen Grenzzoll.
(20) Zu den grundlegenden historischen Daten von R. vgl. AULL a. a. O. und Allg. Landestopographie a. a. O.
Als einziges Bauwerk des Ortes stammt die alte Pfarrkirche St. Pankrazi und Ägidi aus dem Mittelalter; einem um 1200 entstandenen romanischen Kirchenschiff wurde seitlich die noch heute bestehende Marienkapelle im 13. Jh. angeschlossen, ursprünglich ein Nicolai-Benefiz (Frühmeßstiftung), zu dem auch ein Haus gehörte, dessen Besitzgeschichte seit seiner Säkularisierung im 16. Jh. verfolgbar ist. Der Marienkapelle als dem ältesten noch heute stehenden Bauwerk Rusts wurde im Spätmittelalter anstelle des romanischen ein gotisches Kirchenschiff angefügt, dessen mittelalterliche Fresken von mehreren Händen zu den wertvollsten Zeugnissen gotischer Kirchenmalerei im Burgenland gehören; beide Schiffe wurden im 16. Jh. durch einen Quertrakt miteinander zu einem trotz seiner Bescheidenheit wegen seiner Altertümlichkeit reizvollen Baukomplex verbunden (21). Die Gründung der Pfarre Rust ist wohl ins Spätmittelalter zu verlegen; erstmals wird ein Pfarrer im Jahre 1436 erwähnt (22).
(21) RATZ, Kunstkleinod Fischerkirche R., in: Bgld. Hbll. XI, 1949.
(22) J. HÁZI, Sopron szabad királyi város története. Okleveltár (Geschichte der königlichen Freistadt Ödenburg. Urkundenbuch) I/3, 1924, S. 129. J. K. HOMMA, Erläuterungen zum historischen Atlas der österr. Alpenländer II/3: Die Kirchen- und Grafschaftskarte, Wien 1951, nennt als ersten Nachweis der Pfarre das Jahr 1493. In den ältesten kirchlichen Schematismen wird als Gründungszeit der Pfarre das 11. Jh. (!) angegeben.
Die auf einem Hügel liegende Kirche – dieser wurde römischen Ziegelfunden nach wohl schon in der Antike benützt – wurde durch Anschüttung des Kirchhofes und Ummauerung im frühen 16. Jh. zu einem Wehrkirchhof ausgebaut. Anlaß für den Versuch zur Bewehrung von Markt und Kirche dürften die vielen Bedrohungen gewesen sein, denen die Landschaft während der Corvin'schen Kriege und der vielen Fehden im Grenzland um die Wende des 15. und 16. Jh. ausgesetzt war, Bedrohungen, die sich vor allem einer gedeihlichen Entwicklung des Weinfernhandels in den Weg stellten. 1512 erwirkte Graf Peter von St. Georgen-Bösing als Grundherr von König Wladislaw II. das Recht, seinen Markt mit Mauern, Gräben und anderen Schutzwehren umgeben zu dürfen (23). Die bisherige Forschung hat diese Ermächtigung als realisierte Tatsache angenommen und festgestellt, daß Rust zwischen 1512 und 1515 mit einer Ringmauer umgeben worden sei, deren angenommener Verlauf eingangs geschildert wurde. Wie wir ausgeführt haben, ist diese Deutung, was den Verlauf der Befestigung im Westen und Norden anbelangt, somit auch die Lage der beiden Tore, nicht stichhältig. Es gibt auch in den archivalischen Quellen des Stadtarchivs genügend Hinweise, die über den Verlauf und die Art der ersten Ruster Marktbefestigung Auskunft geben. Nach diesen wurde seit 1512 wohl nur der Pfarrhof mit einer Mauer umgeben und aufgeschüttet, sodaß er einem Geschütz als Standort dienen konnte; ein zweites Geschütz wurde unter dem Dach der Kirche aufgestellt, ein drittes beim Oberen Tor; für dieses Obere Tor, ebenso für den weiteren Verlauf der ringartigen Befestigung mit ihren an einzelnen Stellen angelegten Basteien (”Rondellen”) läßt sich in den Ruster Kämmererrechnungen, die seit 1609 jedes Detail von Zimmermanns-, Maurer-, Teichgräber-, Schmied-, Schlosserarbeiten usw. minutiös genau aufzeichnen, nicht der geringste Hinweis auf eine Mauer oder Steinbauten finden, wohl aber auf einen Wall, der mit einem nach den Zerstörungen im Kriegsjahr 1605 wiederum erneuerten Plankenzaun (Speltenzaun) und anliegendem Graben ausgestattet war und durch mehrere Rondelle, im Halbrund vorspringende Erdbastionen, verstärkt war. Das Obere und Untere Tor, durch die man den Marktort betreten konnte, waren durch Zugbrücken geschützt und damals noch zur Gänze holzgezimmert, was alljährlich mehr oder minder umfangreiche Zimmermannsreparaturen und umfängliche Holzeinkäufe in Wiener Neustadt erforderlich machte. Die beiden Tore lagen an der gleichen Stelle wie die späteren gemauerten Stadttore am oberen und unteren Ende der Langen Zeile. Der Verlauf des Wall-Graben-Systems ist an der Stelle der späteren Ringmauer von 1614 zu suchen, die Rondelle anstelle der 1614 gemauerten Basteien und Ecktürmen, deren weiterhin verwendete Bezeichnung „Rondell” an ihre frühere Gestaltung erinnert. Die auf Gemeindegrund liegenden Teile dieses Wall-Zaun-Graben-Systems beim Oberen Tor, hinter dem Friedhof und entlang der Seeseite zwischen Eckbastei und Unterem Tor (auch „Seetor” genannt) gehörten in die pflegerische Obhut der Gemeinde, ebenso die vier zugehörigen Basteien (an beiden Enden des beim Oberen Tor liegenden Wall-Graben-Systems, hinter dem Friedhof und an der Nordostecke), die beiden Tore und die nur bei besonderen Anlässen geöffneten kleinen Ausgänge „Seetürl” (wo bisher das ursprüngliche Untere Tor angenommen wurde) und „Greinertürl” hinter dem Kirchhof. Die hinter den Lehenhöfen liegenden Rondelle gehörten ebenso wie die entsprechenden Abschnitte des Wall-Zaun-Graben-Systems zu den anrainenden Lehenhöfen und mußten von deren Besitzern auf eigene Kosten erhalten werden; die Identität der späteren, mit vier Seiten eines Sechseckes über die Mauer vorspringenden beziehungsweise als eckige Türme gestalteten „Rondelle” im Gemeindebesitz mit den früheren Erdbasteien läßt auch die in Privatbesitz befindlichen fünf Basteien (Rondelle) der Mauer von 1614 als Nachfolgebauten der Erdbasteien von 1512 ansehen. Der Schwerpunkt dieses Verteidigungssystems lag in der durch das Tor und die beiden Eckbasteien geschützten Westfront und der bis zur Bastei hinter dem Pfarrhof durch eine weitere Bastei hinter dem Friedhof und dem auf der Anhöhe liegenden Wehrkirchhof gesicherten Südwestfront; die am Knick des Walls von Westen nach Südwesten liegende Bastei wird als „Gmainrondell” bezeichnet und hatte wahrscheinlich besondere Stärke. Die durch ihre Lage am Seeufer oder zumindest am versumpften Ufergelände natürlich geschützte Ostfront des Verteidigungssystems wurde in kritischen Zeiten dadurch armiert, daß von den beiden Eckbasteien aus Gräben in das Seegelände vorgezogen wurden beziehungsweise vor dem Unteren Tor Erdschanzen angelegt wurden. Selbstverständlich gewährte diese primitive Form der Marktbewehrung sie ist in ähnlicher Form auch für Purbach, Donnerskirchen, Oggau, Neusiedl am See und andere Orte anzunehmen – in kriegerischen Zeiten nur geringfügigen Schutz; 1529, 1532 und 1605 wurde der Markt von den Türken erobert und in Brand gesteckt. Sie genügte allerdings, lichtscheues Gesindel und verstreute Einzelgruppen von Soldaten daran zu hindern, den Markt anzugreifen. Die wegen der Unbeständigkeit des Materials erforderliche ständige Erneuerung bedingte die Anstellung eines Zimmermanns, dem von der Gemeinde ein eigenes Häuschen zur Verfügung gestellt wurde; weiters war ein Teichgräber mit der ständigen Vertiefung der durch Windanschüttung usw. teilweise verflachten Gräben und Wälle beschäftigt (24).
(23) Text der Urkunde bei BERGER (Anm. 12).
(24) Die bei Straßenarbeiten „mehrfach angeschnittene Mauer” im Bereiche des Oberen Platzes und im Norden des Fischmarktes (RATZ a. a. O., ROTH-FUCHS a. a. O.), die als Verlauf der Marktmauer von 1512 im Norden der Siedlung gedeutet wurde, kann entweder als Pflasterweg erklärt werden – Pflasterwege sind in den Ratsprotokollen des 17. und 18. Jh. mehrfach erwähnt – vielleicht auch als Überreste römischer Bauten; in diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß die in der Tabula Peutingeriana genannte römische Poststation Ulmo zwischen den Städten Scarbantia (Ödenburg) und Carnuntum (Deutsch-Altenburg – Petronell) von der älteren Forschung auch in R. gesucht worden ist und daß Grabungen in der Fischerkirche 1953 die Sekundärverwendung römischer Ziegel im romanischen Bau festgestellt haben (Allg. Landestopographie S. 463).
1518 fiel nach dem Tode des Grafen Peter von St. Georgen-Bösing die Herrschaft Ungarisch-Altenburg mit dem Markt Rust an die ungarische Krone; sie wurde zunächst von Königin Maria, der Schwester Ferdinands I., übernommen, später von Ferdinand und seinen Nachfolgern als Königen von Ungarn verwaltet. Rust wurde solcherart habsburgischer Eigenbesitz, der er, abgesehen von zeitweiligen Verpfändungen und dem Freikauf im 17. Jh. (1649/60), bis zur Freistadterhebung (1681) blieb. Grundlage des Aufschwunges des Marktes in der Folgezeit war außer der Gnade des Herrscherhauses, die eine allmähliche Verschlechterung der rechtlichen Lage der Untertanen, wie sie in den Privatgrundherrschaften Ungarns seit dem 16. Jh. zu beobachten ist, nicht zuließ, der erwähnte Weinbau besonders hoher Qualität, der auf verschiedenste Weise zum Ruhme des Marktes und der Vermehrung seines Ansehens, damit auch zur allmählichen rechtlichen Anhebung seiner Position beitrug: Für den Kaiser über nahm der Markt ebenso wie schon früher für die Grafen von St. Georgen–Bösing die kostenlose Bearbeitung der großen Hofweingärten; der hievon gelesene Wein wurde samt dem dem Grundherrn zustehenden Bergrecht- und Neuntel-Wein alljährlich nach Ungarisch-Altenburg, später an den Kaiserhof nach Wien geführt, zusammen mit einem nicht unbeträchtlichen Quantum an Kaufwein (25). Sicherte die Qualität dieses Weines die Huld des Herrschers, so verhalf der alljährlich an die verschiedenen Hofstellen nach Wien geführte „Verehrwein” dazu, auch die Gunst der Beamten zu gewinnen, wenn diese nicht wie bei vielen der in hohen Stellungen der Regierung, Kammer, Stände usw. vertretenen Familien (u. a. Pottendorfer, Zinzendorfer, Schärffenberg, Königsberger) nachweisbar ist – durch den Besitz von Überländweingärten in Rust ohnedies direkt am Gedeihen des Gemeinwesens Interesse hatten. Angefangen von Königinwitwe Maria (1529), über Ferdinand I., bestätigte jeder habsburgische Herrscher die Weinfernhandelsrechte der Ruster mit ihrem Eigenbauwein, der entweder auf der „unteren Straße” über Preßburg oder auf der „oberen Straße” durch Österreich, die Donau bei Hainburg, Fischamend oder Wien überquerend, nach Böhmen, Mähren, Schlesien, Polen und andere „Oberländer” geführt wurde; damit diese Privilegien nicht mißbräuchlich verwendet werden konnten, mußten die Fässer mit dem Brandzeichen „R” versehen und die Echtheit des Weines durch einen Paß der Gemeinde bestätigt werden (26). Zeitweilig wurden diese Fernhandelsrechte auf bestimmte Durchfuhrquanten durch Österreich beschränkt, zeitweilig war auch der Handel über die Donau nach Oberösterreich und Bayern für eine limitierte Menge gestattet, immer wieder mußten die Ruster, oft gemeinsam mit den gleichfalls am Fernhandel beteiligten Märkten Jois und Neusiedl am See, gegen die Intrigen der österreichischen Grenzstädte Wiener Neustadt, Bruck und Hainburg, die mit ihrem in Ungarn produzierten Eigenbauwein das alleinige Kommerzium in Österreich für sich beanspruchten, bei den Hofstellen um ihre Rechte kämpfen, letzten Endes aber immer erfolgreich. Über den Weinfernhandel, dessen Schwergewicht sich von Böhmen im Laufe des 17. Jh. nach Schlesien verlagerte, und der sich in der Form abspielte, daß die ausländischen Händler selbst nach Rust kamen und die hier erkauften Wein in oft großen Geleitzügen nach Breslau, Liegnitz, Neisse, Krakau, Prag, Brieg, Mährisch Schönberg, Hirschberg und viele andere Städte führten, gelangte Fremdkapital in den Marktort, seine Bürger erwarben überdurchschnittlichen Wohlstand, der Markt konnte mit seiner umfangreichen Gemeindewirtschaft die materielle Basis für den kommunalen Ausbau schaffen (27).
(25) Belege für Weinkäufe für Kaiser Rudolf II. und die Erzherzöge Maximilian und Ernst finden sich immer wieder in den Protokollbänden der Niederösterreichischen Kammer (Hofkammerarchiv Wien).
(26) Original-Privilegien im Stadtarchiv R. A 1/1; Abschriften im NÖLA, Ständische Akten B 9/26, 34, 35, vgl. PRICKLER, Zur Geschichte des burgenländisch-westungarischen Weinhandels in die Oberländer Böhmen, Mähren, Schlesien und Polen, in: Zs. f. Ostforsch. 14, 1965, S. 295 ff.
(27) PRICKLER, Städte und Märkte um den Neusiedlersee, in: Internationales kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 4 (1972) in Kőszeg, 1974, S. 263 ff.
Im ältesten Urbar (1546) zeigt sich der Markt in seinen Verpflichtungen gegenüber der Grundherrschaft bereits deutlich besser gestellt als die anderen Herrschaftsorte (28): Besonders auffällig ist hiebei die Befreiung der Ortsbewohner von den sonst allgemein üblichen Geldzinsen zu Georgi und Michaeli und von der Annahme des herrschaftlichen Bannweins; die Robot beschränkte sich auf die Bearbeitung der Herrschaftsweingärten, der Zehent von Wein und Getreide an das Bistum Raab wurde in billigem Geldwert abgelöst. Bemerkenswert um diese Zeit ist das Übergreifen von Wiener Neustädter Hausbesitz nach Rust, nachdem Überländweingärten bereits im Spätmittelalter in großer Zahl im Besitze von Bürgern, der Stadtgemeinde und des Bürgerspitals von Wiener Neustadt waren: 1535 schenkte Königinwitwe Maria Vinzenz Riegler für seine langjährigen Dienste als Kanzleibeamter das zum verödeten Nicolai-Benefiz gehörige Haus samt zugehörigen Gründen und befreite es von allen untertänigen Diensten (29); Riegler hatte seinen Wohnsitz in Wiener Neustadt, er und seine Nachfahren blieben bis ins 17. Jh. Eigner des als Freihof bezeichneten Besitztums. Die Versuche, das Gut wieder seinem ursprünglichen geistlichen Zweck (Frühmeßstiftung) zuzuführen, gelangen erst im 17. Jh.; 1679 wurde nach dem Ableben des ungarischen Kanzlers Pálffy das vakante Benefiz dem Neustädter Bischof Leopold von Kollonitsch angetragen, der es aber nicht annahm, sondern seine Vereinigung mit der Pfarrpfründe anregte, um zur materiellen Besserstellung der weitgehend verödeten alten Pfarrkirche beizutragen (30). Das gegenüber der Langen Zeile (heute: Hauptstraße 6) gelegene Haus blieb aber weiterhin befreit. 1546 kaufte Bischof Gregor Angerer von Wiener Neustadt von dem Fleischhauermeister Ambrosi Pallusch, der wegen seines skandalösen Ochsenschmuggels nach Österreich den Markt verlassen mußte, dessen unterhalb des Pfarrhofes gelegenes Halblehenhaus samt zugehörigen Grundstücken (31). Der Hof blieb bis kurz nach der Verlegung des Bistums nach Sankt Pölten (1784/85) in dessen Besitz, er wurde als mitleidensverpflichtetes Gut von einem Ruster Bürger als Hofmeister mithilfe mehrerer Inwohnerfamilien (Holden) bewirtschaftet. 1767 wurde anstelle des alten, bescheidenen Halblehenhauses, das nur über zwei Rauchfänge verfügte, ein großer, fast die ganze Parzelle erfassender Neubau aufgeführt, der acht Rauchfänge aufwies (32); mit 474 Quadraktklafter verbauter Fläche war der Bischofshof 1776 der größte Hauskomplex Rusts (33). Im Rauchfangkehrerbüchl von 1787 wird das Objekt noch als „Bischöfliches Haus” bezeichnet. Ein in der Langen Zeile gelegener Halblehenhof der Wiener Neustädter Brüder Wolfgang und Benedikt Roll wurde 1554 von König Ferdinand I. für die Dienste Wolfgangs als Kammerpräfekt von Kremnitz aller untertänigen Verpflichtungen für immer befreit (34). Dieser Freihof kam 1612 in den Besitz der Freiin Catharina von Tannewitz (Tannowitz) geb. von Hanau, die auch im benachbarten St. Margarethen einen Edelhof besaß. Nach ihrem Ableben fiel er durch palatinale Donation an Daniel Esterházy (um 1637), um 1652 an den Obersten Wurm, später an den Ödenburger Baron Leopold Natl; über dessen Nichten beziehungsweise deren Ehemänner gelangte der Hof im 18. Jh. in den Besitz der Ruster Familie von Kleinrath, in deren Händen er noch 1853 war (35).
(28) S. Anm. 16.
(29) J. RITTSTEUER, Das St. Nikolai-Benefizium in R., in: Bgld. Hbll. XIII, 1951, S. 250 ff.
(30) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 12 Nr. 68.
(31) Ebenda Fasz. 1 Nr. 58; das Urbar von 1546 verzeichnet den Halblehenhof noch im Besitz des Ambrosi Fleischhacker.
(32) Stadtarchiv R., Rauchfangkehrerbüchl 1766, 1767.
(33) Stadtarchiv R. D 11/1: Geometrica dimensuratio der Häuser und Gärten von R. 1776.
(34) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 17 Nr. 44.
(35) Wie Anm. 33.
Die stufenweise Entwicklung Rusts vom privilegierten Markt zur königlichen Freistadt im 17. Jh. ist mit dem Namen der Familie Natl eng verknüpft, die durch mehrere Generationen in den entscheidenden Phasen die Markt- bzw. Stadtrichter stellte. Ihr erster Vertreter, der aus dem Dorf Marz stammende Leopold, heiratete um 1571/73 die Witwe des Ganzlehenbesitzers Stefan Ruedolff; seine Söhne Gregor und Georg spielten als langjährige Kämmerer beziehungsweise Marktrichter zu Beginn des 17. Jh. eine große Rolle im Gemeindeleben. In dieser Zeit wurde die Ringmauer um den Markt errichtet (1614) und das Bürgerspital hinter dem Kirchhof erbaut (1616). Nachdem sich 1605 herausgestellt hatte, daß die alten Wehranlagen aus dem frühen 16. Jh. keinen wirksamen Schutz des Marktes darstellten, suchte der Markt 1613 beim Kaiser um die Erlaubnis zur Errichtung einer Ringmauer zur besseren Versicherung an (36). Die im folgenden Jahr von dem aus der Schweiz stammenden Eisenstädter Stadtmaurermeister Anton von Allenguetten (37) unter Mithilfe eines Purbacher Maurers erbaute Ringmauer kostete in dem der Gemeinde zustehenden Abschnitt samt den Baumaterialien rund 900 fl, danach lassen sich die Gesamtkosten der Ringmauer samt den neun Rondellen mit etwa 2.500–3.000 fl ermitteln. Vor dem Oberen Tor wurde 1617/18 vom Ruster Marktmaurermeister Blasi Rath die Mauer im Graben mit einem Aufwand von rund 145 fl verstärkt (38). Für die Tore wurden, wie schon vorher, eigene besoldete Wächter angestellt, die Basteien und Tore der in Rotten eingeteilten Bürgerschaft zur Verteidigung anvertraut, wobei zumeist derjenige Lehenbauer, in dessen Hofabschnitt eine Bastei lag, zum Rottmeister bestimmt wurde (39). Städtisch-bürgerliche Züge trägt das damals schon bestehende Schützenwesen, Ruster Schützen nahmen regelmäßig an den großen Schützenfesten von Wiener Neustadt und anderen Orten teil (40). Die Erwerbung des Bürgerrechts in Rust war mit der Hinterlegung von Waffen verbunden (41). Bereits im 16. Jh. besaß die Gemeinde ein eigenes Rathaus, einen bescheideneren Bau anstelle des heutigen, dazu Häuser für die Gemeindehandwerker (Schmied, Zimmermann, Bader, Schlosser, Brotladner, Fleischbank usw.). Diese Einrichtungen befanden sich zumeist in unmittelbarer Nähe zum Rathaus auf dem Marktanger in einer Art „Grätzl” vereinigt. Gemeindebrunnen – seit dem 17. Jh. schriftlich belegt, wohl aber schon früher vorhanden – befanden sich unmittelbar vor dem Oberen Tor außerhalb der Siedlung, auf dem Marktplatz vor dem Hause des Bischofs von Wiener Neustadt (anstelle des heutigen Adlerbrunnens) und auf dem Fischmarkt (42); hiezu kam 1707 ein Brunnen außerhalb der Stadtmauer auf der Leinwandbleiche (43) und schließlich der 1719/20 errichtete repräsentative Adlerbrunnen auf dem Oberen Platz (44). Nachdem es dem Markt schon unter den Grafen von St. Georgen-Bösing gelungen war, seine untertänigen Verpflichtungen stark einzuschränken, gelang im Jahre 1601 mit der Herabsetzung der Steuerporten (ungarische Steuereinheit) von 12 auf 6 ein großer Erfolg, der sich auf alle öffentlichen Steuerlasten auf Dauer mildernd auswirkte (45). Die seit dem 16. Jh. immer wieder erwirkten salva guardia – Briefe bedeuteten zwar in Kriegszeiten kaum einen nennenswerten Schutz, wirkten sich jedoch in Friedenszeiten förderlich für die gedeihliche Entwicklung des Marktes aus (46).
(36) BERGER a. a. O.; Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 3 Nr. 27. Der Wortlaut des Ansuchens und die Stellungnahme der Grundherrschaft hiezu geben keinerlei Hinweise auf die Existenz einer früheren Mauer.
(37) Der Name des Maurermeisters: Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen aus 1614; seine Herkunft: Matriken der Stadtpfarre Eisenstadt (Dompfarramt Eisenstadt).
(38) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1617, 1618.
(39) Ein Verzeichnis der Wehrabschnitte und der zugeteilten Wachmannschaften liegt z. B. aus dem Jahre 1652 vor (Stadtarchiv R. E 1: Protokolls-Rapulatur 1652 ff.); demnach waren die Rondelle im Privatbesitz (Artner-, Schilher-, Wanner-, Scharff-, Hueber-Rondell) den jeweiligen Besitzern als Rottmeistern zugeteilt. Im Gemeindebesitz befanden sich das Trost-Rondell (d. i. der Nordostturm), das Hackstock-Rondell (hinter dem Pfarrhof), das Spitalsrondell (hinter dem Friedhof), das „Obere” Rondell (das ehemalige „Gmainrondell”) und die beiden Tore. Die beiden kleinen Mauerauslässe „Seetürl” und „Greinertürl” wurden nicht als Verteidigungsobjekte genannt, obwohl sie damals vorhanden waren; ihre geringe Bedeutung ist ein weiterer Hinweis darauf, daß es sich hiebei nicht um ursprüngliche Markttore gehandelt haben kann.
(40) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokolle u. Rapulaturen 17. u. 18. Jh. (viele Nachrichten); weiters: Stadtarchiv Wiener Neustadt, Schützenfestprotokolle der Neustädter Schützen.
(41) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokolle u. Rapulaturen des 17. u. 18. Jh. (häufige Hinweise).
(42) Hinweise auf Räumungs-, Reparatur- und Bauarbeiten an den Gemeindebrunnen: Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen.
(43) Stadtarchiv R. E 1: Rapulatursprotokoll 1707–1713.
(44) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1719, 1720.
(45) Stadtarchiv R. J I: Waisenbuch.
(46) Stadtarchiv R. I 1; Ratsakten Fasz. 3 Nr. 7, 10, 12, 13, 17, 22, 28, 32, 35 usw.
1635 verlangte Bischof Sennyey von Raab, ebenso 1636 sein Nachfolger Draskovich, von den Rustern die Ablieferung des Zehents „in natura”; da seit dem Spätmittelalter der Kirchenzehent mit Geld abgelöst worden war und der immer gleich bleibende Ablöseschlüssel im Laufe der Zeit infolge der Wertminderung des Geldes zu einer fühlbaren Begünstigung der Marktbewohner geführt hatte, wehrte sich die Gemeinde jahrelang und letztlich mit Erfolg gegen die Neuerung (47). Als Bischof Georg Draskovich im Jahre 1643 den Markt von der Ungarischen Hofkammer gegen einen Betrag von 30.000 fl in Pfandbesitz nahm, schloß Marktrichter Leopold Natl, Sohn des früheren Marktrichters Georg Natl, mit dem Pfandherrn einen Vertrag, gemäß dem der Markt die herrschaftlichen Weingärten in seine Obhut nahm, für Bergrecht, Neuntel und alle anderen Verpflichtungen jährlich pauschal 2.000 fl und 12 Eimer besten Weines (oder hiefür: guten Holzes) abzuliefern versprach; der Zehent wurde wie zuvor mit Geld abgelöst, und zwar wurden für jeden 10. Eimer Wein 15½ kr, für jedes 10. Mandl Getreide 5½ kr bezahlt. Strafen und Wandelgebühren bis zu einer Höhe von 5 fl verblieben dem Marktrichter, höhere gehörten der Herrschaft, Testamentbestätigungen bis zu 4 Taler (6 fl), Sterbegebühren, An- und Abzuggelder verblieben, wie zuvor, dem Markt (48). Dieser Vertrag, der einen weiteren Schritt zur Selbstverwaltung des Marktes darstellte, hatte jedoch keine lange Wirkungsdauer: 1644 löste Susanna Balassa de Gyarmat, verwitwete Konsky, das Pfand der 30.000 fl von Bischof Draskovich für sich ein (49); da sie sich nicht an die überlieferten Rechte und Gewohnheiten des Marktes hielt, diesem allmählich die üblichen Lasten der Untertänigkeit aufzwingen wollte, bemühte sich der Markt unter dem Richter Leopold Natl im Jahre 1649 erfolgreich, die Hofstellen dazu zu bewegen, ihn gegen Übernahme der 30.000 fl Pfandsumme und Zahlung weiterer 11.000 fl an das Hofzahlamt auf 12 Jahre von der Grundherrschaft Ungarisch-Altenburg zu befreien (50). Nach Ablauf der Freijahre mußte Rust 1660 für die Verlängerung seiner Freiheit auf weitere 20 Jahre wiederum 9.000 fl an den Kaiser erlegen (51); der vom „privilegierten” zum „freien” königlichen Markt emporgestiegene Ort hatte somit eine Position erreicht, die der einer Freistadt zwar nicht de jure, jedoch de facto weitgehend glich. Ein Versuch, im Jahre 1655 gemeinsam mit den Märkten St. Georgen und Bösing den Freistadtrang zu erlangen, der 1648 bereits den Kleinstädten Güns und Eisenstadt zugesprochen worden war, schlug zunächst noch fehl (52), die noch vor Ende der Freijahre angelaufenen Verhandlungen, an denen Leopold Natls gleichnamiger ältester Sohn – er hatte sich in Ödenburg niedergelassen, als Stadtschreiber, Stadtrichter und hoher Komitatsbeamter eine bedeutende Stellung erlangt und wurde später sogar in den Freiherrenstand erhoben – und dessen Bruder Johann als Marktrichter von Rust das größte Verdienst hatten, führten schließlich auf dem Landtag von Ödenburg 1681 zum Erfolg: Leopold I. erhob Rust zur königlichen Freistadt. Hiefür hatte der Markt 60.000 fl zu bezahlen und 500 Eimer Wein an den kaiserlichen Hofkeller nach Wien abzuführen (53); der gravierendste Unterschied zu seiner vorherigen Stellung bestand darin, daß Rust nunmehr der Steuer- und Administrativhoheit des Komitates Ödenburg enthoben und den zentralen Landesstellen direkt zugeteilt wurde, die eigene Blutgerichtsbarkeit erhielt und Mitglied der Städtekurie im Landtag wurde. Das Ius patronatus behielt sich der Kaiser ausdrücklich vor, sodaß es der damals noch fast ausschließlich evangelisch gesinnten Bürgerschaft nicht möglich war, die 1673 in katholischen Besitz übergegangenen evangelischen Pfarreinrichtungen (Kirche, Pfarrhof, Schule) wieder zu übernehmen (54). Die neue Stellung brachte für die nunmehrigen Stadtbewohner auch kaum eine finanzielle Besserstellung, eher das Gegenteil. Warum sich die Gemeinde trotzdem so sehr um die neue Würde bemüht hatte, liegt in der gesellschaftlichen Entwicklung des Marktes im 17. Jh. begründet. Hatten schon die Hofbefreiungen der Wiener Neustädter Bürger Riegler und Roll und die Erwerbung eines Hofes durch den Neustädter Bischof im 16. Jh. nicht zum Bilde eines untertänigen Ortes gepaßt, der Ausbau des kommunalen Verwaltungsapparates mit einem eigenen Rathaus, gemeindeeigenen Häusern, einem auf hoher literarischer Stufe stehenden Marktschreibertum, der Bau einer stark befestigten Ringmauer, die Ausformung einer Schützengesellschaft, die Errichtung eines Bürgerspitals u. a. stark bürgerliche Züge gezeigt, so brachte der Umstand, daß seit dem frühen 17. Jh. immer mehr Ruster Lehenhofbesitzer den persönlichen Adel besaßen bzw. erwarben und auch aus Religionsgründen nach Westungarn ausgewanderte Adelsfamilien hier Häuser erwarben, eine gesellschaftliche Veränderung mit sich, die mit der Stellung eines untertänigen Ortes nicht mehr vereinbar war und nach Rangerhöhung der Siedlung drängte (55).
(47) Ebenda Fasz. 4 Nr. 77; Fasz. 375 Nr. 11.
(48) Ebenda Fasz. 5 Nr. 6.
(49) Stadtarchiv R. A1/1: Städtische Privilegien u. Urkunden Nr. 15.
(50) Ebenda Nr. 18–22.
(51) Ebenda Nr. 24, 25.
(52) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 11 Nr. 43 (Acta et Decreta in merito Elibertationis oppidi R.).
(53) Originalurkunde im Stadtarchiv R. A 1/1–26.
(54) K. FIEDLER, Geschichte der evangelischen Pfarrgemeinde AB in R., 1951.
(55) Die Bedeutung dieses gesellschaftlichen Phänomens ist schon den früheren Historiographien R.s. bewußt geworden, allerdings nicht sein voller Umfang: Während AULL a. a. O. von zwei adeligen Familien spricht, die Forschung seit 1945 rd. 30 adelige Familien R.s. kennt (RATZ u. a.), können wir die Gesamtzahl der in R. vom 16. bis 19. Jh. ansässigen adeligen Familien auf Grund unserer Studien im Stadtarchiv mit über 50 ermitteln, wobei das Schwergewicht der Nobilitierungswelle in die erste Hälfte des 17. Jh. fällt.
1637/39 wurde nach dem Abbruch des alten Rathauses und anliegender Kommunalbauten durch den Marktmaurermeister Blasi Rath um rund 2.000 fl ein neues, 1703 renoviertes, im Kern unverändert bis heute stehendes Rathaus erbaut (56); 1643 wurde es vorübergehend an den Kaufmann Adam Pauer verkauft, 1690 wieder in Gemeindebesitz übernommen, als Rathaus wieder seit 1714 verwendet (57). Nach dem Tode des aus Italien stammenden Kaufmannes Blasi Lorenz (58) erwarb die Gemeinde in zwei Etappen 1643 und 1667 den beim Unteren Tor liegenden Ganzlehenhof (59), richtete hier ihr Rathaus ein (1643–1714) und baute ihn zum Zentrum der gemeindeeigenen Wirtschaft (Weinbau, Meierei) aus (später „Stadthof” genannt), zu der noch der schon im 16. Jh. bestehende Zechkeller (heute: Evangelischer Konventkeller) (60), nach Rücklösung des Rathauses von den Pauer-Erben (1690) der Rathauskeller und der später (vor Mitte 18. Jh.) auf dem Marktplatz erbaute „Platzkeller” gehörten (61); der „Stadthof” diente aber auch nach Rückverlegung des Rathauses als Quartierhaus für Militär; 1712 wurde der heutige Südtrakt mit seiner repräsentativen Fassade von einem Ödenburger Maurermeister erbaut (Gesamtbaukosten: 2.651 fl) (62), 1756 der im Hofe ostseitig gelegene Trakt, der dem Militär gewidmet war (63), anstelle älterer Vorgängerbauten.
(56) Stadtarchiv R. T 1/1; Kämmererrechnungen bzw. Baurechnungen 1637–1639, 1703; Nachrichten auch in den Ratsprotokollen u. Rapulaturen.
(57) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1712–1714. Gegenüber der geläufigen Meinung (1712) ergibt sich somit eine geringfügige Korrektur des Zeitpunktes.
(58) Bei der Schlichtung eines Streites zwischen den Brüdern Blasi und Lorenz Lorenz wird im Jahre 1603 (1613?) erwähnt, daß noch ein Bruder im „Welschland” lebte, bei dem Erbansprüche zu holen waren (Stadtarchiv R. J I: Waisenbuch 1576–1625).
(59) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1643, 1667.
(60) Die Identität des alten Zechkellers (Gemeindekellers) mit dem später in Verwendung der evangelischen Pfarrgemeinde stehenden Bauobjekt geht aus einer Inschrift aus dem Jahre 1684 hervor, die darauf verweist, daß von 810 lb (Pfund) Weingärten (d. i. nämlich der Weingartenbesitz der Stadtgemeinde!) nur 46 Butten gelesen wurden (SCHMELLER-KITT a. a. O. S. 264; 810 Pfund sind aber nicht 233 ha, sondern nur etwa 13½ ha gleichzusetzen); einen weiteren Hinweis gibt der Ratsbeschluß von 1719, vor dem Gemeindekeller auf dem Platz einen Brunnen (”Adler-Brunnen”) zu errichten (Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1717–1730).
(61) Der Platzkeller wird erstmals 1755 in einer Ästimation des stadteigenen Besitzes genannt (Stadtarchiv R. M: Ungeordnete Akten des 16.–19. Jh., Karton 2).
(62) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen bzw. Baurechnung 1712; Bauinschrift über dem Tor.
(63) Bauinschrift an der hofseitigen Gebäudewand.
Ein wichtiges Anliegen der evangelischen Bürgerschaft – sie hielt sich während der 1. Hälfte des 17. Jh., als die Pfarrkirche St. Pankrazi u. Ägidi zur Betreuung den katholischen Pfarrern der Nachbargemeinden Kroisbach, Oggau oder St. Margarethen anvertraut war (64), immer einen evangelischen Marktschreiber, der zugleich Schulmeister war und samt seinem zugeteilten Präzeptor durch „Predigtlesen” der Gemeinde diente (65) – war nach dem Preßburger Frieden von 1645, der vielen evangelischen Gemeinden die Möglichkeit zur Restitution ihrer früheren Kirchen bzw. zum Bau neuer Kirchen eröffnete, die offizielle Begründung einer evangelischen Pfarrgemeinde, die Anstellung eines Predigers (1647), der Bau einer evangelischen Pfarrkirche samt Pfarrhaus und Schulgebäude (1649–1651). Diese Bauten wurden von dem aus der Züricher Gegend stammenden Maurermeister Ulrich Meyer auf dem Gelände eines ehemaligen Viertellehenhofes errichtet, dem Hofbesitzer zur Entschädigung ein anderer vakanter Viertelhof zugesprochen (66). Der Ausbau des Schulwesens durch die Anstellung eines Organisten neben dem bereits amtierenden Schulmeister, dem auch der Lateinunterricht, die chor- und instrumentalmusikalische Instruierung der Marktjugend oblag, führte zu einer Blüte der barocken Musikkultur in Rust: Rusts erster Organist, Johann Kusser, wurde später nach Ödenburg berufen, sein Sohn machte als Kapellmeister und Opernkomponist in Stuttgart Karriere, Kussers Nachfolger in Rust wurde der aus Breslau stammende Johann Wengling, der Ruster Bürgerssohn Johann Wohlmut wurde in Ödenburg ein geschätzter Komponist und Musikpädagoge (67).
(64) J. RITTSTEUER in der Allg. Landestopographie (Anm. 7).
(65) Hiefür erhielten sie zu den drei großen hl. Festen (Ostern, Pfingsten, Weihnachten) ein in den Zechmeisterrechnungen ausgewiesenes Honorar (Stadtarchiv R. T 1/1).
(66) FIEDLER a. a. O.; BERGER, Die röm. kath. Stadtpfarrkirche R„ 1980; P. ALTMANN, Das evangelische R., 1982. Die von FIEDLER und auch anderen Historiographen berichteten Gesamtkosten des Kirchenbaus (über 15.000 fl) beruhen auf einer chronikalischen Eintragung des Bürgers Paul Ludwig v. Conrad in das älteste Matrikenbuch der evang. Pfarre, das 1647–1674 von den Pfarrern Pfister und Sonntag angelegt worden war, aus dem Ende des 18. Jh.; die im Stadtarchiv aufliegenden evangelischen Kirchen- und Baurechnungen (T 11/1) weisen jedoch nach, daß die Gesamtkosten für Kirchen-, Schulhaus- und Pfarrhofneubau 5.000 fl nicht überschritten haben.
(67) S. PAYR, Adatok Kusser János zeneművész életéhez (Beiträge zur Lebensgeschichte von Johann Kusser). Sopronvármegye 1928 V 27; CSATKAI, Adatok a ruszti zenekultúra múltjához (Beiträge zur Vergangenheit der R.er Musikkultur). Törtenetirás I, 1937, S. 212 ff.; DERS., A soproni muzsika története (Geschichte der Ödenburger Musik), 1925; DERS., Beiträge zur Geschichte der burgenländischen Musikkultur, in: Mitt. d. Bgld. Heimat- und Naturschutzvereins II, 1928, S. 95 f.; zuletzt: A. VARANNAI, Egy magyar operaszerző a XVII. században (Ein ungarischer Opernkomponist im 17. Jh.). Magyar zene IV, 1963. Vgl. RIEMANN Musik Lexikon, 12. Aufl. (Mainz 1959) bearb. von W. GURLITT, S. 984; Ergänzungsband hg. v. C DAHLHAUS, 1972, S. 697.
1658 wurde das Bürgerspital durch einen Zubau zu einem „Lazarett” erweitert (68). Die finanzielle Basis dieser Neubauten beziehungsweise Neueinrichtungen bildete neben der Opferbereitschaft der durch den Weinfernhandel nach Schlesien wohlhabend gewordenen Bürgerschaft (69) – die Verlassenschaftsabhandlungen verzeichnen als Durchschnittsvermögen eines Halblehenbürgers im 17. Jh. rund 4.000–5.000 fl mit Spitzenwerten über 12.000 fl (70) –, den Spenden der evangelischen Bürgerschaft aus den Freistädten Preßburg, Ödenburg u. a., der noch evangelisch gesinnten wohlhabenderen Bürger und Bauern der umliegenden Märkte und Dörfer, schlesischer Weinhändler usw. (71) vor allem der Ertrag aus der im Laufe des 17. Jh. durch Ankauf freigewordener Weingartenparzellen niederösterreichischer und anderer auswärtiger Weingartenbesitzer und die Übernahme der ehemaligen herrschaftlichen Weingärten in den Gemeindebesitz systematisch ausgeweiteten Gemeindeweinwirtschaft; der Umfang derselben stieg von 210 Pfund (lb) um 1600 über 360 lb um 1630 auf über 800 Pfund (= 17–20ha) um 1700, später zeitweilig sogar noch darüber hinaus an und umfaßte zur Zeit seiner größten Ausdehnung etwa 15% der gesamten Ruster Weinbaufläche (72). Erst gegen Ende des 18. Jh. verringerte sich ihr Umfang, als nach dem Verluste Schlesiens an Preußen der vormals blühende Fernhandel durch die preußische Zollpolitik eine jähe Einbuße erlitt und die Erschließung neuer Absatzmärkte in Preßburg und Oberungarn den Verlust nicht zur Gänze wettmachen konnte (73). Auf das Stadtbild wirkte sich die Verschlechterung der wirtschaftlichen Basis von ihrer Blütezeit im 17. über den merkbaren Niedergang seit der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jh. in der Weise aus, daß außer den erwähnten Bauten am Stadthof und der Errichtung des mit einem schmiedeeisernen Doppeladler verzierten Stadtbrunnens am Oberen Platz (1719/20) keine kommunalen Bauten mehr errichtet wurden; die 1614 erbaute und 1641 bzw. 1658 mit starken, seitlich von steinernen Türmen flankierten Toren (74) bewehrte Marktmauer wurde als Stadtmauer übernommen und späterhin nur mehr instand gehalten, nicht verstärkt. Um 1800 durchbrachen bereits viele Türöffnungen, die von den Besitzern der Mauerstücke zum leichteren Zugang ihrer Setzen-Gründe angebracht worden waren (75), die nicht mehr zeitgemäße alte Befestigungsmauer, in der zweiten Hälfte des 19. Jh. erfolgte durch den Abbruch der nur mehr in Rudimenten vorhandenen beiden Stadttore (um 1870/80) (76) und von Teilen der Stadtmauer mit einigen Rondellen sowie durch die Einbeziehung dieser Mauern in neuerrichtete Wirtschaftsbauten hinter der Mauer jene Veränderung, als deren Endprodukt sich die heutigen Reste dem Betrachter darbieten.
(68) Stadtarchiv R. T1/1: Kämmererrechnung 1658; E 1: Rapulatursprotokoll 1652 ff., fol. 165.
(69) Die Kirchenrechnungen (Stadtarchiv R. T M/1) verzeichnen die Spenden der Bürger zum Kirchenbau (Geld, Musikinstrumente, Paramente), die im Einzelfall bis zu 150 fl Wert erreichten.
(70) Stadtarchiv R. J I: Waisenbücher 1–3 (1576–1667).
(71) Stadtarchiv R. T M/1: Evang. Kirchenrechnungen 1649–1652; Matrikenbuch 1647–1674 im Evang. Stadtpfarramt.
(72) Stadtarchiv R. C II: Bergbücher 1561–19. Jh.
(73) Vgl. hiezu PRICKLER (Anm. 26).
(74) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1641, 1658.
(75) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 382 Nr. 10.
(76) Das genaue Datum des Abbruches ist nicht sicher: AULL a. a. O., Allg. Landestopographie u. a. sprechen von 1870, ROTH-FUCHS a. a. O. von 1880.
Der Ausbau der Ruster Halblehenhäuser aus den ursprünglich giebelseitig zur Straße orientierten Langstreckenhöfen zu stockhohen, überwiegend in geschlossenem Mauerverband traufseitig zur Straße orientierten Bürgerhäusern erfolgte mit Beginn gegen Ende des 16. Jh. zum größeren Teil im 17. Jh. (77). Diese vor allem entlang der Langen Zeile gelegenen hübschen Spätrenaissance-Häuser, an deren Portalen Wappensteine ihrer Besitzer angebracht wurden, verdanken ihre Entstehung zweifelsohne den in Rust in dieser Zeit tätigen Maurermeistern Blasius Rath (1617–1650), Andrä Neuwirth (1631–1640), Ulrich Meyer (1649–ca. 1670) und dessen Bruder Jakob Meyer (ab 1657) (78). Angeheizt wurde die Baukonjunktur durch zwei verheerende Feuersbrünste, die den Markt in den Jahren 1643 und 1648 heimsuchten und denen 11 bzw. 24 Häuser zum Opfer fielen (79). Die bemerkenswertesten der in „bürgerlicher” Manier erbauten neuen Häuser sind die in der Langen Zeile gelegenen Objekte der adeligen Familien Seepacher (heute: Hauptstraße 3; dieses Haus ging im 18. Jh. über die Familie Linzmayer-Falck an die aus Raab stammende Familie von Conrad über, die es noch 1856 besaß.) (80) und Natl (heute: Hauptstraße 15; dieses Haus kam um 1690 durch Einheirat in den Besitz des Wiener Kaufmannes Johann Rudolf Eisenreich, von dem es seine mit Stuckdecken reichverzierte kurienartige Ausstattung erhielt.) (81) sowie das in der Seegasse (heute: Haydngasse 13) gelegene, 1650 erbaute Haus des Edlen Stefan Hayder mit seinem schönen Renaissance-Erker (82).
(77) Vgl. SCHMELLER (Anm. 6) und SCHMELLER-KITT (Anm. 9).
(78) Namen und Jahreszahlen der Maurermeister: Stadtarchiv R. T1/1: Kämmererrechnungen, Richterrechnungen; Matriken der evang. Pfarre 1647–1674 (Evang. Stadtpfarramt R.).
(79) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 5 Nr. 30, 55.
(80) Stadtarchiv R. C II: Bergbücher, C V: Zehentschriften, D 1–4: Grundbücher; Matriken der evang. Pfarre 1647–1674, 1783 ff. (Evang. Stadtpfarramt), der röm. kath. Pfarre 1658 ff. (Diözesanarchiv Eisenstadt).
(81) Quellen wie Anm. 80; die früher ins 17. Jh. verlegte reiche künstlerische Ausstattung (Stuckdekor) des Hauses wird von der jüngeren kunsthistorischen Forschung (SCHMELLER-KITT) ins frühe 18. Jh., also in die Zeit von Eisenreich (1690–1724) datiert.
(82) Der Torbogen trägt einen Wappenstein mit den Initialen des 1656 verstorbenen Stefan Hayder und der Jahreszahl 1650.
Die Wirtschaftskraft des Marktes Rust beruhte nicht auf seinen Jahrmärkten, obwohl solche abgehalten wurden; seit 1624 wurde auch ein Wochenmarkt am Dienstag durchgeführt (83). Ähnliches läßt sich für das lokale Handwerk sagen: Die schon im 16. Jh. zum Teil in Hofstätten, zum Teil auch in Lehenhäusern (z. B. Fleischhauer, Faßbinder), zumeist jedoch als Inwohner in Miete lebenden Handwerker (Zischmenmacher, Schneider, Bäcker, Zimmermann, Maurer, Schmiede, Schlosser, Kerzenmacher, u. a.) produzierten in der Regel nur für den örtlichen Bedarf; zu einer zünftischen Organisation der stärker vertretenen Handwerke kam es erst nach der Freistadterhebung: Zunftordnungen erhielten 1692 die ungarischen Stiefelmacher (Zischmenmacher), 1699 die Schmiede und Wagner, 1718 die Kürschner und 1726 die Fleischhauer (84); 1696 bestand auch eine Schneiderzunft (85). Bemerkenswert auch für die tendenzielle Entwicklung zur Stadt ist die Niederlassung jüdischer Familien in der zweiten Hälfte des 17. Jh.; ihre Zahl überstieg aber auch zu Beginn der Freistadt-Periode kaum mehr als 10. Zweifellos stammten diese Juden aus dem nahen Eisenstadt, von wo sie nach ihrer Vertreibung im Jahre 1671 in naheliegenden Orten (Donnerskirchen, St. Margarethen, Rust) Zuflucht suchten; da aber der Platz für die Errichtung eines Ghettos innerhalb der Stadtmauern nicht vorhanden war und die politische Grundhaltung der Bürger der Etablierung einer jüdischen Gemeinde ablehnend gegenüberstand, verließen diese jüdischen Familien im frühen 18. Jh. wieder die Stadt (86).
(83) Stadtarchiv R. A I: Urkunden u. Privilegien Nr. 9.
(84) Abschriften der Zunftordnungen: Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 16 Nr. 18, Fasz. 17 Nr. 41, Fasz. 23 Nr. 18, Fasz. 27 Nr. 10.
(85) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1689–1703, fol. 217 ff.
(86) Viele Nachrichten über die jüdischen Siedler vor allem in den Ratsprotokollen u. Rapulaturen (E 1) des Stadtarchivs R.
Trotz geringen Umfanges der Siedlung war der Viktualienbedarf derselben wegen der vielen Inwohner und im Weinbau tätigen Saisonarbeiter (Taglöhner), auch wegen des mit dem Weinfernhandel verbundenen regen Gastbewirtungsbetriebes unverhältnismäßig groß. Das Fehlen geeigneter fließender Gewässer zum Mühlbetrieb zwang die Ruster, die Dienste oft weit entlegener Mühlen in Anspruch zu nehmen, zeitweilig wurden von einzelnen Bürgern selbst Mühlen in fremden Orten erworben und betrieben (87). 1731 kaufte die Stadtgemeinde von dem Ödenburger Bürger Dobner dessen vor dem Ödenburger Neustifttor stehende Windmühle um 400 fl und 1 Dukaten Leihkauf; mit der Neuaufstellung derselben auf einem kleinen Hügel außerhalb des Oberen Stadttores und dem Neubau einer zweiten Mühle daneben wurde zuerst der Müllermeister Peter Törzbach (Dorthbach) aus Aszófő nordöstlich des Plattensees, als dieser den Vertrag auflöste, 1732 der Müller Johann Bitlingmayer beauftragt (88). Die 1732 errichteten Windmühlen standen noch zur Mitte des 19. Jh. in Betrieb.
(87) Z. B. besaß die Witwe Anna Seepacher um 1650 eine Mühle in Oslip (Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 8 Nr. 19).
(88) Stadtarchiv R. I 1; Ratsakten Fasz. 33 Nr. 57.
Zu den mit der Freistadterhebung der Gemeinde zugewachsenen Aufgaben gehörte die Ausübung der Hochgerichtsbarkeit (des Landgerichts), die bis dahin von der Herrschaft Ungarisch-Altenburg betreut worden war; für diesen Zweck wurde 1692 auf einem von einem Bürger eingetauschten Waldstück weit außerhalb der Siedlung ein Galgen errichtet (89). Ein eigener Freimann wurde jedoch wegen des geringen Bedarfes nicht angestellt, man behalf sich mit dem Ödenburger Freimann, dem eine Jahresbestallung zugesprochen wurde (90).
(89) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1689–1703, fol. 95.
(90) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen (passim).
Das Gesundheits- und Sozialwesen der Stadt verblieb auf dem schon zu Beginn des 17. Jh. erreichten Niveau lange Zeit unverändert stehen; zur Niederlassung von Apothekern und Ärzten kam es erst gegen Ende unserer Betrachtungsperiode im 19. Jh., obwohl schon im 17. Jh. Nachrichten über Ansiedlungsversuche solcher vorliegen (91). Nachdem schon im 17. Jh. ein Wirtshaus „Zum goldenen Hirschen” in Rust bestand (92), wurde 1751 im angekauften Halblehenhof der Familie Spannagl ein Gemeindewirtshaus eingerichtet (93), nach dem die südseitig gelegene Straßenzeile des Marktplatzes – sie hieß ursprünglich wohl „Kirchenzeile” – die Bennenung „Wirtshausgasse” erhielt.
(91) 1697 suchte Georg Fischer aus Kaschau an, sich als Apotheker in R. niederlassen zu dürfen (Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1689–1703, fol. 241). Vgl. allgemein K. RYSLAVY, Materialien zur Geschichte der Apotheken und Apotheker im Burgenland, in: Bgld. Forschungen 68, 1979, S. 213 ff.
(92) Das Wirtshaus des Halblehen-Bürgers Ulrich Wohlmuth bzw. seines Sohnes Philipp Jakob und Enkels Johann lag in der Langen Zeile; als Johann Wohlmuth 1713 die Konzession der Stadt „zurücksagte”, richtete der adelige Bürger Jeremias Guttmann im unterhalb gelegenen Nachbarhaus ein bis 1724 betriebenes Wirtshaus ein, danach führte wieder Johann Wohlmuth in seinem Hause ein Wirtshaus (Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokolle 1708–1717, 1717–1730).
(93) Stadtarchiv R., Rauchfangkehrer-Büchl 1743, 1752; G 1: Gemeinde-Schuldenprotokollband 1724 ff. (”Protocollum debitorum passivorum”), fol. 43.
Den Anlaß zur letzten bedeutenden Änderung des Stadtbildes innerhalb der Mauern gab das von Joseph II. erlassene Toleranzedikt (1781), das dem in seiner überwiegenden Zahl noch immer evangelischen Besitzbürgertum die Wiederbegründung einer evangelischen Pfarrgemeinde und die Erbauung eines zunächst turmlosen Bethauses erlaubte. Da dieses aus Prestigegründen innerhalb der Stadtmauern errichtet werden mußte, war die Verlegung der beiden bei der Pankrazi- und Ägidi-Kirche gelegenen Friedhöfe – neben dem katholischen war Mitte des 17. Jh. ein evangelischer Friedhof angelegt und auch nach Rekatholisierung der Dreifaltigkeitskirche weiterhin als Friedhof für die evangelischen Toten verwendet worden (94) – in das ehemalige Steinbruchgelände oberhalb des Windmühlberges erforderlich; um Platz für das Bethaus, das evangelische Pfarrhaus und die Schule zu schaffen, wurde auch die Hofparzelle eines Viertellehenhauses aufgekauft (95), solcherart für die Errichtung der evangelischen Pfarranstalten das ursprüngliche Siedlungsgefüge zwischen der Pankrazi- und Ägidi-Kirche und dem Oberen Tor verändert. Die evangelische Schule wurde in dem über dem alten Zechkeller stehenden Gebäude eingerichtet.
(94) Vgl. FIEDLER a. a. O.; RITTSTEUER in Allg. Landestopographie; die Testamente der Bürger (Stadtarchiv R. J I: Waisenbücher 1576 ff.) erwähnen immer wieder den „evangelischen Friedhof”, auch nach der Rekatholisierung der Pfarre (1674).
(95) Stadtarchiv R. D M/4: Fassionsbuch 1766–1795.
Gleichzeitig mit der Errichtung der evangelischen Pfarranstalten erfolgte der durch die Beengtheit der von der Ringmauer umzogenen Stadt und den Bevölkerungsanstieg schon seit längerer Zeit fällige Siedlungsausbau über die Stadtmauer hinaus: 1783 wurde der vor dem Oberen Stadttor liegende Anger, auf dem sich seit Beginn des 17. Jh. die Schießhütte der Schützengesellschaft befand, parzelliert und an bauwillige Interessenten verkauft, zum Teil auch mit der Auflage frei abgegeben, das unebene Gelände des alten Steinbruches zu planieren (96). Der zunächst zügig einsetzende Bau dieser Vorstadtsiedlung geriet aber bald ins Stocken, sodaß Mitte des 19. Jh. außer den in drei Zeilen oberhalb des Stadttores verbauten Kleinparzellen (heute: Franz-Josefs-Platz-Südseite, Schubertgasse, Mittergasse) nur ein Teil der Großparzellen an der Nordseite des heutigen Franz-Josefs-Platzes und entlang der heutigen Feldgasse und Raiffeisengasse widmungsgemäß verwendet erscheint (97). Bis zum Ende des Jahrhunderts wurde zunächst der Komplex der Vorstadt dichter verbaut, durch Anfügung einiger Straßenzüge im Westen und Norden ausgeweitet. Um 1930 setzte nach längerer Stagnation des Baugeschehens die Siedlungserweiterung im Osten und Nordosten der Altstadt zunächst noch zögernd, seit 1950 in stürmischem Tempo ein; dadurch hat sich das locker verbaute Siedlungsgebiet der Stadt gegenüber 1850 etwa verdreifacht, wobei die alte Flurstruktur zum Teil zerstört wurde (Setzen, Krautgärten usw.). Am Seeufer entstand ein Verbauungsgebiet mit Fremdenverkehrscharakter (Restaurants, Badehütten, Seebad am inneren Rand der Ruster Bucht), als dessen markanter Abschluß 1982 im Schilfgebiet vor der Altstadt ein modernes Hotel errichtet wurde. Auf die Bevölkerungsentwicklung hatte diese gewaltige Bauwelle kaum einen Einfluß, wie nachstehende Bevölkerungszahlen zeigen (98): 1785: 1105, 1843: 1102, 1863: 1408, 1900: 1609, 1920: 1402, 1934: 1432, 1951: 1596, 1961: 1697, 1971: 1704, 1981: 1704.
(96) Stadtarchiv R. D M/2: Protokoll über die neu angewiesenen Hausplätze 1783–1786.
(97) Kataster 1856; Stadtarchiv R. D M/3: Verzeichnis aller Häuser samt einer Klassifikation für die Häusersteuer 1853/54.
(98) Allg. Landestopographie (Anm. 1); Angaben des Magistrats.
Harald Prickler
Anmerkungen
(1) Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes II: Der Verwaltungsbezirk Eisenstadt und die Freistädte Eisenstadt und R. (Eisenstadt 1963) S. 459 f. (Geologie: A. TAUBER, Archäologie und Frühgeschichte: A. J. OHRENBERGER).
(2) K. ULBRICH, Siedlungsformen des Burgenlandes, in: Bgld. Hbll. 1935, S. 107.
(3) O. AULL, Die Freistadt R. am Neusiedlersee, 1931.
(4) A. CSATKAI u. D. FREY, Die Denkmale des politischen Bezirkes Eisenstadt und der Freien Städte Eisenstadt und R. (ÖKT XXIV, 1932).
(5) A. RATZ, Baugeschichte der Freistadt R. Ungedr. Manuskript.
(6) A. SCHMELLER, Das Burgenland. Seine Kunstschätze, historischen Lebens- und Siedlungsformen, 1965, S. 74.
(7) Allgemeine Landestopographie, S. 495 f.
(8) Österreichisches Städtebuch II: Die Städte des Burgenlandes, 1970, S. 167 f.
(9) A. SCHMELLER-KITT, Burgenland. Die Kunstdenkmäler Österreichs (DEHIO-Handbuch), 1976, S. 258 f.
(10) G. ROTH-FUCHS, Die Befestigungsanlage der Freistadt R., in: Bgld. Hbll. XXXVIII, 1976, S. 33 ff.
(11) A. KLAAR, Baualterplan der Freistadt R. (Bundesdenkmalamt).
(12) M. BERGER, Die Rechte der Freistadt R. im Spiegel ihrer Urkunden. Masch. phil. Diss., 1965. Vgl. jetzt: Die Rechtsquellen der Freistadt R., hg. v. BERGER (FRA III/8, 1983).
(13) Die Wiedergabe lehnt sich an die in der Allg. Landestopographie (Anm. 7) am ausführlichsten formulierte Darstellung an.
(14) Herangezogen wurden vor allem folgende Bestände: Urkunden u. Privilegien, Ratsakten, Ratsprotokolle und Rapulaturen, Bergbücher, Urbare u. Grundbücher, Zehentbüchl, Kämmerer-, Zechmeister-, Richter- und Kirchenrechnungen, Waisenbücher, Rauchfangkehrerbüchl, Ungeordnete Akten.
(15) SCHMELLER-KITT, a. a. O.
(16) Urbar der Herrschaft Ungarisch-Altenburg aus 1546, Bgld. Landesarchiv, Urbar- u. Bergbüchersammlung A/Ib – 50.
(17) Dies ergibt eine eingehende Analyse der Urbarsdaten der Herrschaften Eisenstadt (1515, 1527, 1569) und Forchtenstein (1498/1500, 1526, 1589).
(18) Die Gleichsetzung von mittelalterlichen Hofstätten mit Viertellehen finden wir auch in anderen Orten, z. B. im Markt Lutzmannsburg.
(19) Vgl. H. PRICKLER, Sigleß während der feudalen Periode (Hochmittelalter – 1848). In: Sigleß. Eine Gemeindegeschichte, 1982, S. 45 f.
(20) Zu den grundlegenden historischen Daten von R. vgl. AULL a. a. O. und Allg. Landestopographie a. a. O.
(21) RATZ, Kunstkleinod Fischerkirche R., in: Bgld. Hbll. XI, 1949.
(22) J. HÁZI, Sopron szabad királyi város története. Okleveltár (Geschichte der königlichen Freistadt Ödenburg. Urkundenbuch) I/3, 1924, S. 129. J. K. HOMMA, Erläuterungen zum historischen Atlas der österr. Alpenländer II/3: Die Kirchen- und Grafschaftskarte, Wien 1951, nennt als ersten Nachweis der Pfarre das Jahr 1493. In den ältesten kirchlichen Schematismen wird als Gründungszeit der Pfarre das 11. Jh. (!) angegeben.
(23) Text der Urkunde bei BERGER (Anm. 12).
(24) Die bei Straßenarbeiten „mehrfach angeschnittene Mauer” im Bereiche des Oberen Platzes und im Norden des Fischmarktes (RATZ a. a. O., ROTH-FUCHS a. a. O.), die als Verlauf der Marktmauer von 1512 im Norden der Siedlung gedeutet wurde, kann entweder als Pflasterweg erklärt werden – Pflasterwege sind in den Ratsprotokollen des 17. und 18. Jh. mehrfach erwähnt – vielleicht auch als Überreste römischer Bauten; in diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß die in der Tabula Peutingeriana genannte römische Poststation Ulmo zwischen den Städten Scarbantia (Ödenburg) und Carnuntum (Deutsch-Altenburg – Petronell) von der älteren Forschung auch in R. gesucht worden ist und daß Grabungen in der Fischerkirche 1953 die Sekundärverwendung römischer Ziegel im romanischen Bau festgestellt haben (Allg. Landestopographie S. 463).
(25) Belege für Weinkäufe für Kaiser Rudolf II. und die Erzherzöge Maximilian und Ernst finden sich immer wieder in den Protokollbänden der Niederösterreichischen Kammer (Hofkammerarchiv Wien).
(26) Original-Privilegien im Stadtarchiv R. A 1/1; Abschriften im NÖLA, Ständische Akten B 9/26, 34, 35, vgl. PRICKLER, Zur Geschichte des burgenländisch-westungarischen Weinhandels in die Oberländer Böhmen, Mähren, Schlesien und Polen, in: Zs. f. Ostforsch. 14, 1965, S. 295 ff.
(27) PRICKLER, Städte und Märkte um den Neusiedlersee, in: Internationales kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 4 (1972) in Kőszeg, 1974, S. 263 ff.
(28) S. Anm. 16.
(29) J. RITTSTEUER, Das St. Nikolai-Benefizium in R., in: Bgld. Hbll. XIII, 1951, S. 250 ff.
(30) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 12 Nr. 68.
(31) Ebenda Fasz. 1 Nr. 58; das Urbar von 1546 verzeichnet den Halblehenhof noch im Besitz des Ambrosi Fleischhacker.
(32) Stadtarchiv R., Rauchfangkehrerbüchl 1766, 1767.
(33) Stadtarchiv R. D 11/1: Geometrica dimensuratio der Häuser und Gärten von R. 1776.
(34) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 17 Nr. 44.
(35) Wie Anm. 33.
(36) BERGER a. a. O.; Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 3 Nr. 27. Der Wortlaut des Ansuchens und die Stellungnahme der Grundherrschaft hiezu geben keinerlei Hinweise auf die Existenz einer früheren Mauer.
(37) Der Name des Maurermeisters: Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen aus 1614; seine Herkunft: Matriken der Stadtpfarre Eisenstadt (Dompfarramt Eisenstadt).
(38) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1617, 1618.
(39) Ein Verzeichnis der Wehrabschnitte und der zugeteilten Wachmannschaften liegt z. B. aus dem Jahre 1652 vor (Stadtarchiv R. E 1: Protokolls-Rapulatur 1652 ff.); demnach waren die Rondelle im Privatbesitz (Artner-, Schilher-, Wanner-, Scharff-, Hueber-Rondell) den jeweiligen Besitzern als Rottmeistern zugeteilt. Im Gemeindebesitz befanden sich das Trost-Rondell (d. i. der Nordostturm), das Hackstock-Rondell (hinter dem Pfarrhof), das Spitalsrondell (hinter dem Friedhof), das „Obere” Rondell (das ehemalige „Gmainrondell”) und die beiden Tore. Die beiden kleinen Mauerauslässe „Seetürl” und „Greinertürl” wurden nicht als Verteidigungsobjekte genannt, obwohl sie damals vorhanden waren; ihre geringe Bedeutung ist ein weiterer Hinweis darauf, daß es sich hiebei nicht um ursprüngliche Markttore gehandelt haben kann.
(40) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokolle u. Rapulaturen 17. u. 18. Jh. (viele Nachrichten); weiters: Stadtarchiv Wiener Neustadt, Schützenfestprotokolle der Neustädter Schützen.
(41) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokolle u. Rapulaturen des 17. u. 18. Jh. (häufige Hinweise).
(42) Hinweise auf Räumungs-, Reparatur- und Bauarbeiten an den Gemeindebrunnen: Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen.
(43) Stadtarchiv R. E 1: Rapulatursprotokoll 1707–1713.
(44) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1719, 1720.
(45) Stadtarchiv R. J I: Waisenbuch.
(46) Stadtarchiv R. I 1; Ratsakten Fasz. 3 Nr. 7, 10, 12, 13, 17, 22, 28, 32, 35 usw.
(47) Ebenda Fasz. 4 Nr. 77; Fasz. 375 Nr. 11.
(48) Ebenda Fasz. 5 Nr. 6.
(49) Stadtarchiv R. A1/1: Städtische Privilegien u. Urkunden Nr. 15.
(50) Ebenda Nr. 18–22.
(51) Ebenda Nr. 24, 25.
(52) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 11 Nr. 43 (Acta et Decreta in merito Elibertationis oppidi R.).
(53) Originalurkunde im Stadtarchiv R. A 1/1–26.
(54) K. FIEDLER, Geschichte der evangelischen Pfarrgemeinde AB in R., 1951.
(55) Die Bedeutung dieses gesellschaftlichen Phänomens ist schon den früheren Historiographien R.s. bewußt geworden, allerdings nicht sein voller Umfang: Während AULL a. a. O. von zwei adeligen Familien spricht, die Forschung seit 1945 rd. 30 adelige Familien R.s. kennt (RATZ u. a.), können wir die Gesamtzahl der in R. vom 16. bis 19. Jh. ansässigen adeligen Familien auf Grund unserer Studien im Stadtarchiv mit über 50 ermitteln, wobei das Schwergewicht der Nobilitierungswelle in die erste Hälfte des 17. Jh. fällt.
(56) Stadtarchiv R. T 1/1; Kämmererrechnungen bzw. Baurechnungen 1637–1639, 1703; Nachrichten auch in den Ratsprotokollen u. Rapulaturen.
(57) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1712–1714. Gegenüber der geläufigen Meinung (1712) ergibt sich somit eine geringfügige Korrektur des Zeitpunktes.
(58) Bei der Schlichtung eines Streites zwischen den Brüdern Blasi und Lorenz Lorenz wird im Jahre 1603 (1613?) erwähnt, daß noch ein Bruder im „Welschland” lebte, bei dem Erbansprüche zu holen waren (Stadtarchiv R. J I: Waisenbuch 1576–1625).
(59) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1643, 1667.
(60) Die Identität des alten Zechkellers (Gemeindekellers) mit dem später in Verwendung der evangelischen Pfarrgemeinde stehenden Bauobjekt geht aus einer Inschrift aus dem Jahre 1684 hervor, die darauf verweist, daß von 810 lb (Pfund) Weingärten (d. i. nämlich der Weingartenbesitz der Stadtgemeinde!) nur 46 Butten gelesen wurden (SCHMELLER-KITT a. a. O. S. 264; 810 Pfund sind aber nicht 233 ha, sondern nur etwa 13½ ha gleichzusetzen); einen weiteren Hinweis gibt der Ratsbeschluß von 1719, vor dem Gemeindekeller auf dem Platz einen Brunnen (”Adler-Brunnen”) zu errichten (Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1717–1730).
(61) Der Platzkeller wird erstmals 1755 in einer Ästimation des stadteigenen Besitzes genannt (Stadtarchiv R. M: Ungeordnete Akten des 16.–19. Jh., Karton 2).
(62) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen bzw. Baurechnung 1712; Bauinschrift über dem Tor.
(63) Bauinschrift an der hofseitigen Gebäudewand.
(64) J. RITTSTEUER in der Allg. Landestopographie (Anm. 7).
(65) Hiefür erhielten sie zu den drei großen hl. Festen (Ostern, Pfingsten, Weihnachten) ein in den Zechmeisterrechnungen ausgewiesenes Honorar (Stadtarchiv R. T 1/1).
(66) FIEDLER a. a. O.; BERGER, Die röm. kath. Stadtpfarrkirche R„ 1980; P. ALTMANN, Das evangelische R., 1982. Die von FIEDLER und auch anderen Historiographen berichteten Gesamtkosten des Kirchenbaus (über 15.000 fl) beruhen auf einer chronikalischen Eintragung des Bürgers Paul Ludwig v. Conrad in das älteste Matrikenbuch der evang. Pfarre, das 1647–1674 von den Pfarrern Pfister und Sonntag angelegt worden war, aus dem Ende des 18. Jh.; die im Stadtarchiv aufliegenden evangelischen Kirchen- und Baurechnungen (T 11/1) weisen jedoch nach, daß die Gesamtkosten für Kirchen-, Schulhaus- und Pfarrhofneubau 5.000 fl nicht überschritten haben.
(67) S. PAYR, Adatok Kusser János zeneművész életéhez (Beiträge zur Lebensgeschichte von Johann Kusser). Sopronvármegye 1928 V 27; CSATKAI, Adatok a ruszti zenekultúra múltjához (Beiträge zur Vergangenheit der R.er Musikkultur). Törtenetirás I, 1937, S. 212 ff.; DERS., A soproni muzsika története (Geschichte der Ödenburger Musik), 1925; DERS., Beiträge zur Geschichte der burgenländischen Musikkultur, in: Mitt. d. Bgld. Heimat- und Naturschutzvereins II, 1928, S. 95 f.; zuletzt: A. VARANNAI, Egy magyar operaszerző a XVII. században (Ein ungarischer Opernkomponist im 17. Jh.). Magyar zene IV, 1963. Vgl. RIEMANN Musik Lexikon, 12. Aufl. (Mainz 1959) bearb. von W. GURLITT, S. 984; Ergänzungsband hg. v. C DAHLHAUS, 1972, S. 697.
(68) Stadtarchiv R. T1/1: Kämmererrechnung 1658; E 1: Rapulatursprotokoll 1652 ff., fol. 165.
(69) Die Kirchenrechnungen (Stadtarchiv R. T M/1) verzeichnen die Spenden der Bürger zum Kirchenbau (Geld, Musikinstrumente, Paramente), die im Einzelfall bis zu 150 fl Wert erreichten.
(70) Stadtarchiv R. J I: Waisenbücher 1–3 (1576–1667).
(71) Stadtarchiv R. T M/1: Evang. Kirchenrechnungen 1649–1652; Matrikenbuch 1647–1674 im Evang. Stadtpfarramt.
(72) Stadtarchiv R. C II: Bergbücher 1561–19. Jh.
(73) Vgl. hiezu PRICKLER (Anm. 26).
(74) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen 1641, 1658.
(75) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 382 Nr. 10.
(76) Das genaue Datum des Abbruches ist nicht sicher: AULL a. a. O., Allg. Landestopographie u. a. sprechen von 1870, ROTH-FUCHS a. a. O. von 1880.
(77) Vgl. SCHMELLER (Anm. 6) und SCHMELLER-KITT (Anm. 9).
(78) Namen und Jahreszahlen der Maurermeister: Stadtarchiv R. T1/1: Kämmererrechnungen, Richterrechnungen; Matriken der evang. Pfarre 1647–1674 (Evang. Stadtpfarramt R.).
(79) Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 5 Nr. 30, 55.
(80) Stadtarchiv R. C II: Bergbücher, C V: Zehentschriften, D 1–4: Grundbücher; Matriken der evang. Pfarre 1647–1674, 1783 ff. (Evang. Stadtpfarramt), der röm. kath. Pfarre 1658 ff. (Diözesanarchiv Eisenstadt).
(81) Quellen wie Anm. 80; die früher ins 17. Jh. verlegte reiche künstlerische Ausstattung (Stuckdekor) des Hauses wird von der jüngeren kunsthistorischen Forschung (SCHMELLER-KITT) ins frühe 18. Jh., also in die Zeit von Eisenreich (1690–1724) datiert.
(82) Der Torbogen trägt einen Wappenstein mit den Initialen des 1656 verstorbenen Stefan Hayder und der Jahreszahl 1650.
(83) Stadtarchiv R. A I: Urkunden u. Privilegien Nr. 9.
(84) Abschriften der Zunftordnungen: Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 16 Nr. 18, Fasz. 17 Nr. 41, Fasz. 23 Nr. 18, Fasz. 27 Nr. 10.
(85) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1689–1703, fol. 217 ff.
(86) Viele Nachrichten über die jüdischen Siedler vor allem in den Ratsprotokollen u. Rapulaturen (E 1) des Stadtarchivs R.
(87) Z. B. besaß die Witwe Anna Seepacher um 1650 eine Mühle in Oslip (Stadtarchiv R. I 1: Ratsakten Fasz. 8 Nr. 19).
(88) Stadtarchiv R. I 1; Ratsakten Fasz. 33 Nr. 57.
(89) Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1689–1703, fol. 95.
(90) Stadtarchiv R. T 1/1: Kämmererrechnungen (passim).
(91) 1697 suchte Georg Fischer aus Kaschau an, sich als Apotheker in R. niederlassen zu dürfen (Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokoll 1689–1703, fol. 241). Vgl. allgemein K. RYSLAVY, Materialien zur Geschichte der Apotheken und Apotheker im Burgenland, in: Bgld. Forschungen 68, 1979, S. 213 ff.
(92) Das Wirtshaus des Halblehen-Bürgers Ulrich Wohlmuth bzw. seines Sohnes Philipp Jakob und Enkels Johann lag in der Langen Zeile; als Johann Wohlmuth 1713 die Konzession der Stadt „zurücksagte”, richtete der adelige Bürger Jeremias Guttmann im unterhalb gelegenen Nachbarhaus ein bis 1724 betriebenes Wirtshaus ein, danach führte wieder Johann Wohlmuth in seinem Hause ein Wirtshaus (Stadtarchiv R. E 1: Ratsprotokolle 1708–1717, 1717–1730).
(93) Stadtarchiv R., Rauchfangkehrer-Büchl 1743, 1752; G 1: Gemeinde-Schuldenprotokollband 1724 ff. (”Protocollum debitorum passivorum”), fol. 43.
(94) Vgl. FIEDLER a. a. O.; RITTSTEUER in Allg. Landestopographie; die Testamente der Bürger (Stadtarchiv R. J I: Waisenbücher 1576 ff.) erwähnen immer wieder den „evangelischen Friedhof”, auch nach der Rekatholisierung der Pfarre (1674).
(95) Stadtarchiv R. D M/4: Fassionsbuch 1766–1795.
(96) Stadtarchiv R. D M/2: Protokoll über die neu angewiesenen Hausplätze 1783–1786.
(97) Kataster 1856; Stadtarchiv R. D M/3: Verzeichnis aller Häuser samt einer Klassifikation für die Häusersteuer 1853/54.
(98) Allg. Landestopographie (Anm. 1); Angaben des Magistrats.

 

 

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