Die Entstehungsgeschichte des siebenbürgischen Staates

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Die Entstehungsgeschichte des siebenbürgischen Staates
Das Jahr 1536 brachte König Johann I. noch einige kleinere Erfolge: Über die Unterwerfung Hermannstadts hinaus konnte auch die wichtige Stadt Kaschau zurückgewonnen werden. Im darauffolgenden Jahr schickte Ferdinand I. seine Truppen zum Gegenangriff. In Oberungarn blieb er in einigen 248Gefechten siegreich, im Süden aber, an der Drau, verlor das fast 40 000 Mann starke Heer Hans Katzianers die seit Mohács wichtigste offene Feldschlacht auf dem ungarischen Kriegsschauplatz – und das nicht einmal gegen die türkische Hauptmacht, sondern die türkischen Grenztruppen.
König Johann war seit langem kompromißbereit. Nun sah auch Ferdinand ein, daß das Problem „Ungarn“ nicht mit Waffengewalt zu lösen war. Zu entscheidenden Verhandlungen kam es Ende 1537, unter Einbeziehung eines kaiserlichen Vertreters (Johann Wese, Erzbischof von Lund). In Szapolyais Namen verhandelte vor allem Bruder Georg: Bisher hatte er sich in erster Linie als Finanzexperte ausgezeichnet, nun bestand er seine Prüfung als Diplomat hervorragend.
Der Friedensschluß wurde am 24. Februar 1538 in Wardein unterzeichnet. Beide Herrscher behielten den Titel eines ungarischen Königs und den Teil des Landes, den sie gerade besaßen. Gleichzeitig verpflichtete sich Szapolyai, daß sein Landesteil nach seinem Tode Ferdinand als König anerkennen und im Falle der Geburt eines Erben sich dieser mit einem in der Zips zu errichtenden neuen „Herzogtum“ begnügen sollte.
Beide Vertragspartner waren sich darüber im klaren, daß der Sultan ihre Vereinbarungen mißbilligen würde. Deshalb hielten sie den Friedensschluß geheim und überließen damit Karl V., im Gefahrenfalle Ungarn zu Hilfe zu kommen. Als dann im Herbst 1538 der Sultan einen gegen Europa gerichteten Feldzug begann, bat Johann I. vergeblich um Hilfe. Der Kaiser war bloß im Mittelmeer bereit, gegen die Türken vorzugehen, und Ferdinand I. schickte nur einige tausend Söldner, die noch dazu verspätet eintrafen. Zu Szapolyais Glück wandte sich Suleiman aber gegen die Moldau, doch die Lehre, die daraus zu ziehen blieb, war die, daß der Friede von Wardein seine Relevanz verloren hatte.
Beide Lager hatten in den Frieden überhaupt nur eingewilligt, weil dieser ein konkretes Versprechen für eine zukünftige Vereinigung des Landes enthielt. Nun aber stellte sich ihm die Volksmeinung entgegen, hatte sich doch die türkische Übermacht einmal mehr herausgestellt.
Das nun folgende komplizierte politische Manöver wurde vom König und von Bruder Georg gemeinsam durchgeführt. Letzterer verhinderte auf jede Weise, daß die ungarischen Herren den im Vertrag vorgeschriebenen geheimen Eid für Ferdinand leisteten. Er zog den Haß des Volkes und die Aufmerksamkeit aller auf sich. Inzwischen aber sah sich König Johann nach einer Frau um und fand sie in der Tochter des polnischen Königs Sigismund I., Isabella. Die Hochzeit am 2. März 1539 in Stuhlweißenburg war eine eindeutig politische Handlung: Ihre Intention war, im Namen eines erhofften Erben den Frieden von Wardein zu brechen und die türkenfreundliche Politik fortzusetzen, deren unbedingte Notwendigkeit die vergangenen Jahre immer wieder von neuem erwiesen hatten.
Zu diesem Zeitpunkt wurde Siebenbürgen wieder wichtig für den Gang der Ereignisse. Nach dem Schrecken von 1538 begann eine Geheimbewegung unter den dortigen Herren, die von den Woiwoden István Maylád (1534–1540) und Imre Balassa (1536–1540) geleitet wurde. Über die Ziele der „Verschwörung“ wissen wir wenig: Anscheinend wollte man Siebenbürgen aus dem Territorium des ungarischen Königreiches herauslösen und es damit von den wachsenden Gefahren der Türkenkriege befreien. Die vornehmeren Grundbesitzer der Provinz unterstützten ganz allgemein diese Geheimorganisation. 249Die jahrhundertealte traditionelle Einheit der ungarischen Adelschicht konnte man jedoch nicht so leicht vergessen. Andererseits nahmen die von den Verschwörern angesprochenen ausländischen Partner (vom Sultan bis zu den böhmischen Ständen) deren Angebot nicht allzu ernst. Die ganze Unternehmung mit ihren verschwommenen Zielen brach in dem Augenblick zusammen, als König Johann an der Spitze seines Heeres in Siebenbürgen erschien. Fast allen Verschwörern wurde die erbetene Gnade gewährt, allein Maylád schloß sich in seiner starken Burg Fogarasch ein.
Johann I. war krank in Siebenbürgen eingetroffen, und kaum hatte ihn die lange erwartete Nachricht erreicht, daß seine Frau am 7. Juli einen gesunden Sohn entbunden hatte, warf ihn sein Leiden aufs Krankenbett; am 22. Juli starb er in der Stadt Mühlbach.
Nun mußte Bruder Georg die schwere Aufgabe übernehmen, im Namen eines wenige Wochen alten Kindes den Zerfall der Reichshälfte König Johanns zu verhindern. Unter Berufung auf den Wardeiner Frieden wechselten viele sofort die Partei. Die mächtigsten Anhänger huldigten der Reihe nach Ferdinand: Péter Perényi; der hervorragende Diplomat und Erzbischof von Kalocsa Ferenc Frangepán; an ihrer Spitze stand wiederum der Woiwode István Maylád.
Der Bischof von Wardein begab sich eilends nach Ofen und ließ auf einem improvisierten Landtag den Säugling zum König wählen. (Er sollte seinen Titel „Johann II., gewählter ungarischer König“ bis zu seinem Lebensende beibehalten.) Mit den Resten seiner Parteigänger, angeführt von Bálint Török und Péter Petrovics, die die Vormundschaft über den kleinen König ausübten, verteidigte er im Herbst 1540 Ofen erfolgreich gegen die Belagerung der Ferdinandschen Truppen. Zugleich entsandte er den Kanzler Werbőczy eilends mit einer Gesandtschaft nach Stambul um Hilfe.
Suleiman I. sagte gnädig Unterstützung zu, doch kaum hatte sich Werbőczy mit der Freudennachricht nach Hause begeben, bezeugte der Gesandte Ferdinands I. (und zwar niemand anderes als Hieronym Laski selbst) der Hohen Pforte seine Ergebenheit. Er war gekommen, um dem Sultan den Frieden von Wardein zu verraten. Wien kalkulierte vermutlich folgendermaßen: Sollte es gelingen, den Sultan gegen seinen bisherigen Günstling einzunehmen, bliebe der Szapolyai-Partei keine andere Wahl, als sich zur Gefolgschaft gegenüber Ferdinand zu bekehren, womit die so viele Sorgen verursachende türkenfreundliche Partei in Ungarn zu existieren aufgehört hätte.
Doch um auf alle Fälle sicher zu gehen, belagerten ab Mai 1541 die deutschen und einige ungarische Truppen unter Wilhelm Roggendorff und Péter Perényi Ofen von neuem. Die Ofner Bürger versuchten insgeheim mit Unterstützung der noch unsicheren Königin Isabella die Stadt zu übergeben, doch dem widersetzten sich Bruder Georg und seine Gefährten. Sie deckten die Verschwörung auf und richteten die Rädelsführer hin.
Ende Juli tauchten schließlich türkische Einheiten im Rücken der Belagerer auf, und nach einem blutigen Kampf von nur wenigen Tagen waren die Truppen Ferdinands vollkommen aufgerieben. Kurz darauf traf auch der Sultan mit seiner gesamten Streitmacht ein. Dieser unheilverkündende Aufmarsch war keinesfalls zufällig: Der Sultan wollte seine Beziehungen mit den als unzuverlässig erwiesenen Ungarn klären. Die Herren in Ofen wiederum ängstigten sich zu recht: Die Stadt hätte kaum noch eine – nun türkische – Belagerung überstehen können.
250Am 29. August, dem 15. Jahrestag der Schlacht bei Mohács, lud der Sultan die ungarischen Herren zu einem Höflichkeitsbesuch zu sich, währenddessen die Janitscharen gleichsam zur „Stadtbesichtigung“ in die Stadt Ofen eindrangen und somit die ungarische Hauptstadt einnahmen. Der Sultan ließ Bálint Török in Ketten schlagen, Bruder Georg und Péter Petrovics hingegen ließ er wissen, er überlasse dem Sohne König Johanns das Gebiet jenseits der Theiß und Siebenbürgen gegen eine Jahressteuer von 10 000 Goldgulden.
Dies war ein schmerzlicher Wendepunkt in der ungarischen Geschichte: Das Land war nunmehr in drei Teile zerrissen und seine frühere Mitte zu einer gewöhnlichen Provinz des türkischen Reiches geworden. Auf dem Wege zur Entstehung des siebenbürgischen Staates war dies freilich nur eine Station.
Die türkische Eroberungsabsicht hatte sich im Jahre 1541 von neuem bestätigt, zugleich aber ebenso die Unfähigkeit der Habsburger, Ungarn zu verteidigen. So war die Grundsituation die gleiche, wie sie seit 1529 die Möglichkeiten der ungarischen Politik bestimmt hatte: Die östliche Hälfte des Landes gehörte zur türkischen Interessensphäre, und dieser Tatsache mußte sich die Politik der dortigen Machthaber anpassen.
Die Anklagen der verbitterten Isabella im Ohr und konfrontiert mit dem Haß der ungarischen Herren, die den Verlust Ofens beklagten, ging Bruder Georg daran, seine Macht neu zu organisieren. Im Gebiet jenseits der Theiß war er aufgrund der Güter des Bistums Wardein und der Herrschaft Solymos–Lippa unumschränkter Herr, in Siebenbürgen säuberte ihm der Türke den Weg: Sein gefährlichster Gegner István Maylád wurde wegen Treubruch festgenommen und in lebenslängliche Haft nach Stambul verbracht. Am 20. Januar 1542 bestätigte die Landesversammlung der drei Nationen in Neumarkt Bruder Georg als Statthalter Siebenbürgens, und ein Landtag Ende März (in Thorenburg) sprach die Einladung an Königin Isabella aus, gemeinsam mit ihrem Sohn, dem König, nach Siebenbürgen überzusiedeln.
Mit Ofens Fall besaß der Szapolyai-Landesteil kein wirkliches Zentrum mehr. Die letzte größere Szapolyai-Herrschaft, Lippa, lag dem türkischen Gebiet zu nahe, der 1541 dorthin geflohene Hof konnte dort nicht lange bleiben. Den Schwerpunkt des Restlandes bildete bereits Siebenbürgen – und das siebenbürgische Bistum war gerade vakant. So bezog Isabella also das Bischofspalais in Weißenburg, und der Statthalter übernahm die umfangreichen kirchlichen Güter in seine Kameralverwaltung – ein neuer Bischof von Siebenbürgen wurde nicht ernannt.
Aufgrund der allgemeinen Verbitterung ging dies freilich nicht ungestört vor sich. Zwar hatten am 18. Oktober 1541 auf dem Landtag von Debreczin die Komitate jenseits der Theiß und Siebenbürgens der Szapolyai-Dynastie ihre Treue gelobt, doch bereitete sich König Ferdinand auf die Rückeroberung Ofens vor, wozu er erstmalig schließlich auch die Unterstützung des Reiches erhielt. Am 19. Dezember 1541 schloß Bruder Georg auf der Burg Julmarkt eine Vereinbarung mit den Gesandten Ferdinands über eine Einigung Ungarns unter dem Zepter der Habsburger – die Bedingungen entsprachen dem zuvor gebrochenen Vertrag von Wardein.
Der Ungarnfeldzug des Reichsheeres endet dann im Sommer 1542 mit einer kläglichen Schlappe. Karl V. war stark mit dem neuerlichen Krieg gegen Frankreich beschäftigt, der Türke wiederum nahm – als Vergeltung – 1543/44 251eine ganze Reihe von transdanubischen Burgen ein. Daraufhin entschied Ferdinand I., den aussichtslosen Kampf nicht fortzusetzen. Seine Gesandten schlossen am 10. November 1545 in Adrianopol einen Waffenstillstand.
Gleich nach der Enttäuschung von 1542 hatte Bruder Georg auf einem neuerlichen Landtag in Thorenburg (am 20. Dezember) die siebenbürgischen Stände zu einer Treueerklärung gezwungen. Die „Union der drei Nationen“ wurde erneuert und die Vereinbarung von Julmarkt gegen den Einspruch der Sachsen für nichtig erklärt. Zu Beginn des Jahres 1543 war in Stambul die erste Türkensteuer in der Geschichte Siebenbürgens eingegangen: l0000 Gulden. Im August 1544 erschienen auf dem nächsten Landtag der drei Nationen in Thorenburg die Vertreter der Komitate an der Theiß und jenseits der Theiß als gleichberechtigte Partner.
Bruder Georg war auf dem Gipfel seiner Macht angelangt. Als Statthalter Siebenbürgens verschaffte er sich einen Großteil der früheren Woiwodenburgen und -domänen (Diemrich, Görgen) und beschlagnahmte den gesamten Gutsbesitz des Bistums Tschanad sowie das Vermögen einiger ausgestorbener Magnatenfamilien.
Dennoch war diese Macht nicht unumschränkt. Erstens gab es im Land Johanns II. zwei – man kann sagen – Provinzen, über die Bruder Georg keine Befehlsgewalt hatte: Im Gebiet nordwestlich der Theiß herrschte der königliche Kapitän von Kaschau, Lénárt Czeczey, und im Dreieck zwischen Mieresch und Theiß der Gespan des Banats, Péter Petrovics. Zum anderen lagen in den Szapolyai-Gebieten außerhalb Siebenbürgens noch eine ganze Reihe von Latifundien: In Békés „regierten“ die Familie Patócsy, in Debreczin János Török, von Marmarosch bis Kraszna die Sippe Drágffy-Perényi und in Zemplén, Borsod und Abaúj die Familien Balassa, Losonci, Bebek und Drugeth von Homonna.
Drittens – und dies war der entscheidende Punkt – forderten das Recht und die Herrschaftstraditionen, die Königin an die Spitze der Staatsgeschäfte zu stellen. Bruder Georg aber behielt das Amt des Schatzmeisters, regierte Siebenbürgen als königlicher „Statthalter“ und schuf sich schließlich noch ein neues Amt: er wurde „Oberrichter“ des Landes. Das Finanzwesen, die Verwaltung und die Gerichtsbarkeit lagen in seiner Hand. Die höchsten Würden des ungarischen Königshofes (Palatin, Judex Curiae = Landesrichter, Kanzler) wurden nicht besetzt, auch keine neuen Woiwoden ernannt, und die täglichen Regierungsgeschäfte in Siebenbürgen versah ein Vizewoiwode aus dem niederen Adel (János Kemény).
Isabella empfand von Anfang an starke Antipathie gegen den schwierigen und sparsamen Mönch und Bischof. Die weniger erfahrene und zudem launenhafte Witwe blieb anfänglich im Duell mit dem zielbewußten Mönch die Unterlegene und spielte manchmal sogar mit dem Gedanken, abzudanken und mit ihrem Sohn zusammen wegzuziehen. Die alten Anhänger des Szapolyai-Hauses, geführt von dem entfernten Verwandten Péter Petrovics, zog die dynastische Treue und die Sorge um die Macht (und dazu freilich auch der Hochmut des Herren gegenüber dem Emporkömmling) natürlich auf die Seite Isabellas. Leider war es gerade Bruder Georg, der ihre Politik verwirklichte, manchmal sogar gegen die Königin – und so sahen sie sich gezwungen, sich mit seiner Macht auszusöhnen.
Dieser von persönlicher Antipathie noch angeheizte Machtkampf zwischen Königin und Bruder Georg bildete eine ständige Gefahrenquelle. Die 252ungarische Gesellschaft, vom Magnaten bis zum Bürger und vom Kleinadel bis zum rührigen Bauern, sah in der Wiederherstellung der Einheit des Landes das oberste Ziel. Man verstand zwar die Gründe für die Türkenfreundschaft, neigte aber dazu, die Herrschaft der Szapolyais als reine Familienangelegenheit zu betrachten. Auf dem herausragenden Führer des östlichen Landesteils – also auf Bruder Georg – lag damit stets eine Erwartungshaltung in Richtung eines Zieles, dessen Gültigkeit auch er selbst nicht leugnete, nur daß er eben an seine Erreichbarkeit nicht recht glauben konnte. Er mußte unbeirrbar an der vollen Machtausübung festhalten – doch gelang es ihm nicht, die Anerkennung seiner Führungsrolle wie seiner Politik durchzusetzen.

 

 

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